Zu Beginn der europäischen Kolonialisierung der karibischen Inseln waren diese noch schlecht organisiert, verfügten über kaum Aufsicht und viele der Plantagenbesitzer lebten zudem in Europa. Das konnten sie sich unter anderem deshalb leisten, weil Zucker ein teures und gesuchtes Handelsgut war. Die Arbeit an den Zuckermühlen war gefährlich, der Umgang mit den heißen Zuckerlösungen ebenso und die Arbeit auf den Feldern in der tropischen Hitze ausgesprochen anstrengend.
Irgendwoher mussten darum Arbeitskräfte kommen, die sich damit abquälten, den Zucker zu produzieren. Bevor sich aber gegen Ende des 17. Jh. die Sklaverei de facto vollständig durchsetzte, griffen die englischen Kolonialherren von Barbados vor allem auf Vertragsknechte aus Irland und Schottland zurück. Das wurde auch dadurch befeuert, dass unter Oliver Cromwell Irland eine erneute Phase großer Unterdrückung durchlebte. Noch 1646 gab es einen großen Aufstand, den die irischen Nationalisten verloren. Spätestens mit Aughrim knapp 50 Jahre später war der Traum der Unabhängigkeit sowieso erst einmal ausgeträumt.
Indentur
Zu Beginn stellten schwarze und indigene Sklaven noch nicht die gesamte Arbeitskraft auf den Plantagen von Barbados. Auch weiße Vertragsknechte, die durch Indentur in die Karibik gekommen waren, arbeiteten auf den Plantagen. Diese Frauen und Männer kamen im Falle von Barbados oftmals aus Irland – und das nicht immer ganz freiwillig. Die Verschiffung war nämlich auch ein beliebtes Mittel der englischen Obrigkeit, um Aufrührer und Verbrecher von der grünen Insel wegzuschaffen.
Die beiden Gruppen, Sklaven und Vertragsknechte, unterschieden sich in vielen Dingen, beispielsweise ihrem mitgebrachten Verständnis der englischen Gesellschaftsordnung, in der sie nun leben und arbeiten mussten. Doch im Alltag waren die Unterschiede weniger drastisch als man glauben mag und beide Gruppen wurden zwischen Plantagenbesitzern hin und her gehandelt wie es beliebte.
Beide Gruppen lebten auch auf den Zuckerrohr-Plantagen gleich, denn ihre Herren interessierten sich wenig bis gar nicht für ihr Wohlergehen. Freie Zeit abseits der Felder und der Zuckerproduktion war darum damit gefüllt, Wohnstätten zu errichten und zu erhalten, Lebensmittel anzubauen oder die soziale Gemeinschaft zu pflegen. Das war übrigens nicht überall so! Die niederländische VOC verfügte in Südafrika mit der Logie beispielsweise über eine zentralisierte Einrichtung für die Unterbringung von Sklaven. Man sollte also nicht von der Karibik auf Afrika oder den indischen Ozean schließen, wo die Franzosen auf Mauritius Zuckerrohr anbauten.
Unterbringung
Ihre Häuser mussten die Arbeiter auf Barbados derweil selbst bauen! Die weißen Knechte und Mägde sowie die schwarzen Sklaven und Sklavinnen lebten dabei in einer Gemeinschaft, deren Unterbringung sich nicht unterschied und auch physisch nicht voneinander getrennt war. Meist errichteten die einzelnen Familien, die sich irgendwann bildeten, eigene Wohnhäuser. Oftmals waren das einfache Hütten aus Holz und Bananenblättern.
Diese Häuschen bildeten kleine Dörfer innerhalb der Plantage. Solche Gemeinschaften entwickelten auch ihre eigenen Normen und Regeln, die von den älteren Bewohnern an Neuankömmlinge weitergegeben wurden.
Auch wenn die englischen Herren „natürliche und innewohnende“ Unterschiede zwischen den Weißen und den Schwarzen propagierten, die später auch gesetzlich festgeschrieben wurden, sorgte das gemeinsame Wohnen, das Erbringen gleichartiger Arbeiten und die gemeinsame Unterdrückungserfahrung für ein Zusammenrücken – nicht immer natürlich, aber zumindest gegen außen.
Hier findet sich auch einer der Gründe, warum Vertragsknechte irgendwann kaum noch für die Plantagenarbeit genutzt wurden! Die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten, die auch auf dem behaupteten Unterschied zwischen den afrikanischen und den europäischen Menschen aufbaute, brauchte klar sichtbare Trennlinien.
Ernährung
Ein weiterer Punkt in dem sich weiße Vertragsknechte und die schwarzen Sklaven nicht unterschieden, war ihr täglich Brot – oder ihre tägliche Kartoffel, denn Brot war kein Thema auf Barbados. An Weizenanbau war hier nicht zu denken.
Die englischen Plantagenbesitzer fühlten sich für die Verpflegung nicht verantwortlich. Sie wiesen den Arbeitern etwas Land zu, das sie für den Anbau nutzen konnten. Die notwendige Arbeitszeit für den Ackerbau und die Gartenpflege mussten die Sklaven und Knechte jedoch irgendwie zusammenklauben, oftmals am freien Sonntag.
Die Kartoffel war auf Barbados fast allgegenwärtig, egal zu welcher Mahlzeit. Einigen Berichten nach bekam sie allerdings den afrikanischen Sklaven überhaupt nicht, sodass diese anfingen, die ihnen bekannte Kochbanane zu verwenden. Diese war glücklicherweise auch in der Karibik heimisch.
Afrikanische Nutzpflanzen verbessern den Speiseplan
Die Afrikaner brachten zudem mehrere Nutzpflanzen mit über den Atlantik, die sich als unschätzbar nützlich erwiesen. Taro, Cassava und Yams waren deshalb bald ein wichtiger Teil der Ernährung, deren Zubereitung zudem das Know-How der Schwarzen benötigte. Falsch verarbeitet waren sie nämlich giftig. Auch die Kochbananenhaine wurden vorwiegend von den Schwarzen gepflegt. Der Maisanbau hing ebenso an ihnen, denn die Iren kannten Mais de facto nur als Futtermittel für Tiere. Wohingegen sich der Mais im 17. Jh. in Westafrika bereits früh zu einem der Grundnahrungsmittel gemausert hatte.
Fleisch? Niemals!
Na gut, nicht ganz niemals. Zu den hohen Feiertagen konnten die Knechte und Sklaven mit Geflügel oder etwas Schwein rechnen. Das Geflügel mussten sie allerdings selber züchten.
Lediglich Fisch war allwöchentlich zu haben. Männer erhielten zwei Fische, Frauen einen Fisch. Innerhalb der europäischen Speisegepflogenheiten wurde Fisch allerdings nicht als dem Fleisch gleichwertig angesehen.
Starb ein Rind aufgrund von Pech oder Krankheit, dann wurde das Fleisch von den Aufsehern manchmal an die Knechte und Sklaven verteilt. Die Haut, die Innereien und der Kopf gingen an die Sklaven, der Rest an die Knechte.
Speisen wie in der Heimat
Sklaven und Vertragsknechte unterschieden sich allerdings in einer Sache: die Gerichte. Europäer und die Afrikaner mussten zwar auf dieselben Zutaten zurückgreifen, jedoch orientierten sie sich bei den Speisen an ihrer jeweiligen Heimat.
Wo die schwarzen Sklaven den Mais grillten und als Ganzes verspeisten, bereiteten die Iren sich aus Mais Loblollie (modern oft Loblolly geschrieben) zu, einen Brei. Viele Afrikaner wiederum konnten mit diesem Brei gar nichts anfangen.
Allgemein hatten die Arbeiter oft keine Zeit nach der harten Schufterei auf den Feldern komplexe Gerichte zuzubereiten. Bot sich jedoch die Gelegenheit, dann versuchten sie Speisen zu kreieren, die ihren Favoriten aus der Heimat und traditionellen Gerichten entweder in Form und Textur oder im Geschmack nachempfunden waren.
Kleidung
Wo starke Unterschiede herrschten, war die Kleidung. Aufgrund kultureller Prägung und Übernahme von Verhaltensweisen, aber auch aufgrund von Projektion durch die Besitzer, was denn angemessene Kleidung für Europäer und Afrikaner war, unterschied sich die Bekleidung erheblich.
Die Europäer schuften schwitzend
Ein normaler weißer Arbeiter erhielt von seinem Herren beispielsweise 6 Hemden und 6 Hosen mit Unterwäsche, dazu drei Mützen und 12 Paar Schuhe. Ein wichtiger Grund der besseren Ausstattung war, dass der Arbeiter, nachdem er auf dem Feld gearbeitet hatte (in zu warmer Kleidung wohlgemerkt), seine verschwitzte Kleidung wechseln konnte.
Weiße Frauen, die auf dem Feld arbeiteten, erhielten 4 Kittel, 3 Unterröcke und 4 Mützen oder Hauben, sowie 12 Paar Schuhe. Arbeiteten sie als Magd im Haus, dann bekamen sie zusätzlich 2 weitere Kittel und 3 Blusen!
Dem Afrikaner musste eine Hose reichen
Die versklavten Afrikaner und Indios hingegen mussten mit 3 Paar Hosen und Unterwäsche auskommen. Ihre weiblichen Pendants erhielten zudem nur 2 Unterröcke insgesamt. Schuhe standen sowieso außer Frage.
Insgesamt gab der Herr dieser Plantage für seine 100 Sklaven und Sklavinnen 35 Pfund Sterling für Kleidung aus. Für seine 24 Vertragsknechte und Mägde hingegen 100 Pfund!
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„Geschichtskrümel“ ist eine wöchentlich erscheinende Serie aus Kurzartikeln. Sie soll Autoren, Spielern und Spielleitern als Anregung dienen und Inspiration fürs Rollenspiel oder Geschichten bieten. Die Geschichtskrümel drehen sich um historische Ereignisse oder Themen, über die ich in meinem Alltag stolpere. Sie sind manchmal lehrreich, manchmal skurril und manchmal einfach nur lustig.
Quellen:
- Bartlett, Thomas. Ireland. A History. Croydon, 2010.
- Higman, Barry W. A Concise History of the Caribbean. 1st ed. New York, 2011.
- Shaw, Jenny. Everyday Life in the Early English Caribbean. Irish, Africans, and the Construction of Difference. Athens, 2013.
- Ligon, Richard. A True & Exact History of the Island of Barbadoes, London 1673 (Orig. 1657)