Ich habe in letzter Zeit viel über Krieg geschrieben: Schlachten, Belagerungen usw. Heute möchte ich einmal einen Blick darauf werfen, was eigentlich vorher geschieht. Was für Equipment muss herangeschafft werden, wie werden die Soldaten gesammelt und … was kostet das eigentlich alles?
Bevor König Edward III. von England 1346 seine Landung in der Normandie durchführen konnte, musste er erst einmal eine Armee aufstellen. Damit begann er bereits im Oktober 1345, denn das war eine aufwendige und kostspielige Affäre. Den gesamten Winter über war der Hof damit beschäftigt, die notwendige Organisation zu erledigen, und so erreichten den gesamten Winter über Befehle und Anweisungen der königlichen Beamten das gesamte Land.
Arrayed-Troops – Soldaten aus dem Volk
Die Hoffnung war, dass man 20‘000 Soldaten für die Invasion Frankreichs aufbieten könnte. Um Truppen auszuheben, setzte die englische Krone auf zwei Methoden. Zum einen sogenannte „arrayed troops“, also Aufgebote. Erfahrene Beamte und Ritter erhielten den Auftrag, Truppen in den Shires und Counties zu requirieren. Ausgestattet mit ihren königlichen Befehlen, teilten sie in ihren jeweiligen Gebieten den verschiedenen „Hundertschaften“ (eine Verwaltungsgröße im damaligen England) und den Städten Quoten von Soldaten zu, die voll ausgerüstet gestellt werden mussten.
Die Landbevölkerung stellte dabei vor allem Bogenschützen und die Stadtbevölkerung einen Mix aus leichter Reiterei und Infanterie. Das gesamte Wales sollte beispielsweise 7000 Mann stellen, vorrangig Bogenschützen und Infanterie. Insgesamt erhoffte sich die Krone gut 13‘000 Soldaten über solche „arrayed-troops“. Oftmals war das aber utopisch. Einige Counties lieferten gerade mal 2/3 der geforderten Truppen. Insgesamt kamen auch eher 9000 als 13‘000 zusammen. Viele Leute kauften sich aus ihrer Verpflichtung auch schlicht frei. Einige kamen zudem einfach nicht zum Sammelpunkt. Wieder andere erschienen zwar wie gefordert, stellten sich aber als nicht diensttauglich heraus.
Der Sinn der arrayed troops war nicht Qualität, sondern Quantität.
Indentured Soldiers – Outsourcing im Mittelalter
Eine andere Methode, an Soldaten zu kommen, waren sogenannte „indenture“-Verträge. Adlige oder andere Personen mit Geld heuerten nach eigenem Gutdünken Truppen und vermieteten diese dann weiter an die Krone. Für die Invasion von 1346 kamen so gut 5000 Kämpfer zusammen, darunter auch schwere Reiterei und Bogenschützen.
Insgesamt umfasste die englische Armee zu Beginn der Invasion knapp 15‘000 Personen, darunter auch einige nicht kämpfende Leute. Die Armee beinhaltete knapp 2500 schwere Reiter, ca. 9000 Fußtruppen, wovon gut 6000 Bogenschützen waren, und zusätzlich noch gut 4000 Mann leichte Reiterei und berittene Bogenschützen.
Streng nach Tarif: Sold
Alle Soldaten wurden entsprechend ihrem Rang und ihrer Ausrüstung bezahlt.
- Knight Banneret (ein Ritter, der sein eigenes Banner mit Truppen führt): 4 Shilling pro Tag
- Knight Bachelor: 2 Shilling pro Tag
- Berittener Serjeant: 1 Shilling pro Tag
- Hobelar (leichte Reiterei): 6 Penny pro Tag
- Berittener Bogenschütze: 6 Penny pro Tag
- Bogenschütze: 3 Penny pro Tag
- Seemann: 3 Penny pro Tag
- Infanterist: 2 Penny pro Tag
- Zum Vergleich. Tagesverdienst eines Schreiners auf dem Bau: 3 Penny
(Mehr zu Einkommen und Geldwert: hier und hier)
Equipment beschaffen
Eines der wichtigsten Verbrauchsgüter einer englischen Armee, wie kann es auch anders sein, sind Pfeile. Der Sheriff von jedem County musste eine bestimmte Menge von Bogenholz und Pfeilen heranschaffen. 1346 wurden 133‘000 Pfeile besorgt – eine geringe Menge. Allerdings hatte man 1341–43 bereits 1,3 Millionen Pfeile gekauft, wovon die meisten noch vorhanden waren. Für die Besatzungen der Schiffe wurden Armbrüste und Bolzen beschafft.
Edward III. war modern und ließ sich Kanonen für den Feldzug gießen. Dazu war natürlich auch Schießpulver notwendig, wofür er 2021 Pfund Salpeter und 466 Pfund Schwefel besorgen ließ. Dies kostete 151 Pfund 11 Shilling 6 Penny respektive 15 Pfund 10 Shilling 8 Penny. Das entspricht ca. 2,35 Millionen Euro. (Wie immer gilt: Vorsicht bei Geldwertumrechnungen.)
Das Pferdefutter des königlichen Haushalts umfasste 5200 Bushel Bohnen, Erbsen und Hafer, also ca. 20 Tonnen Futter, dessen Transport den Frachtraum von knapp eineinhalb Dutzend Schiffen in Anspruch nahm.
Für die Zugpferde der Karren wurden dabei 2 Shilling und 6 Penny pro Tag an Futterkosten veranschlagt (also der Sold von 10 Bogenschützen). Die Pferde selbst kosteten um die 40 Shilling, und selbst ein einfacher Sattel mit Zubehör kostete bereits 10 Shilling. Zur Erinnerung: 1 Shilling sind 12 Penny.
Neben solchen offensichtlichen Dingen wie Pfeilen und Pferden mussten auch Laderampen, Brückenbaumaterial und vorbereitete Hindernisse besorgt werden, was unter anderem wieder einmal den Sheriffs zufiel. Daneben wurden auch transportable Schmieden hergestellt und wurde Handwerkswerkzeug zusammengetragen. Daneben wurden auch Tausende von Fahnen und Fähnchen besorgt und mit Wappen bestickt. Unter anderem auch 104 Standarten!
Was eine Rüstung kostete, könnt ihr hier nachlesen.
Lebensmittel auftreiben
Irgendwoher musste ja das gesamte Essen kommen, nicht wahr? Dafür gab es die königlichen Lieferanten. Diese Beamten hatten das Recht, den Verkauf von Gütern und besonders Lebensmitteln zu einem festen Preis zu erzwingen, was sie zu ausgesprochen unbeliebten Personen machte. Regelmäßig mussten sie sich mit unkooperativen Personen und sogar offenem Widerstand auseinandersetzen.
Das häufigste Lebensmittel waren Erbsen und Bohnen. Daraus konnten sich die einfachen Soldaten Eintopf kochen und es konnte auch als Viehfutter verwendet werden. Für die nobleren Herrschaften musste Getreide besorgt werden, denn diese bestanden auf ihrem Brot.
An Fleisch wurden Rind und Hammel herangeschafft und als Salzfleisch oder als selbst laufende Nahrungsquelle lebendig eingeschifft. Einige Milchkühe waren ebenfalls darunter, damit der königliche Haushalt auf Butter und Käse nicht zu verzichten brauchte. Daneben gab es natürlich auch Stockfisch und Salzfisch als Proteinquelle.
Alle Haushalte, die es sich leisten konnten, brachten natürlich auch Essig, Senf und Kräuter für Saucen und Würze. Gut 400 Tun (Vorgänger der Tonne) Wein wurden transportiert. Das sind gut 400‘000 Liter.
Leben wie ein König
Neben den ganzen Notwendigkeiten wurde auch der Haushalt des Königs vorbereitet. Darunter waren Tische, Elfenbeinkämme, mehrere Sessel, ein gepolsterter Klostuhl, neue Nachttöpfe, 20 Stiefel (4 Shilling pro Stück), 69 Schuhe (6 Penny pro Stück), Daunen für das Bettzeug und auch Bibermützen zu 5 Shilling. Für einen König natürlich besonders wichtig: zwei faltbare Throne.
Bevor er in die Normandie aufbrach und dort seinen Anspruch auf die französische Krone zementieren konnte (Mehr dazu), bereitete Edward III. noch ein Festmahl in guter Gesellschaft. Dabei verzehrten er und seine Gäste 24 Rinder, 9 Schafe, 77 Rehe, 26 Schweine, 10 Schwäne, 4 Trappen, 4 Reiher, 50 Gänse, 500 Hühner, 342 Tauben, 12 Hasen, 37 Käseräder, 4600 Eier, 300 Brote und 20‘000 Liter Wein. All das kostete zusammen 58 Pfund 12 Shilling und 1,5 Penny (knapp 850‘000 Euro), dabei sind Arbeitskosten gar nicht eingerechnet.
„Geschichtskrümel“ ist eine wöchentlich erscheinende Serie aus Kurzartikeln. Sie soll Spielern und Spielleitern als Anregung dienen und Inspiration fürs Rollenspiel bieten. Die Geschichtskrümel drehen sich um historische Ereignisse oder Themen, über die ich in meinem Alltag stolpere. Sie sind manchmal lehrreich, manchmal skurril und manchmal einfach nur lustig.
Quelle: Livingstone, M., & Witzel, M. (2013). The Road to Cre?cy: the English Invasion of France 1346. New York: Routledge.
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