Die wohl primitivste Art und Weise, die Wirkung der eigenen Körperkraft zu verstärken, ist es, einen Stock oder einen Stein zu ergreifen und damit zuzuschlagen. Während sich aus dem Stein in der Faust der Faustkeil entwickelte und letztlich Dolch und Schwert, so entstand aus dem Stock, neben dem bereits in einem vorangegangenen Artikel behandelten Speer, die Keule und mit ihr auch alle anderen Formen stumpfer Schlagwaffen. Mit diesen möchten wir uns nun etwas genauer befassen und werfen daher einen Blick auf Knüppel, Keulen, Streitkolben und Hämmer.
Form und Funktionsweise
Eine stumpfe Hiebwaffe, völlig gleich, welche konkrete Form sie haben mag, bietet demjenigen, der sie verwendet, dreierlei Vorzüge:
1. Härte.
2. Wucht.
3. Reichweite.
Ob Stein, Holz, Eisen, Stahl, oder Bein, praktisch alles ist härter (und weniger empfindlich) als die menschliche Faust. Einem Hirsch mit der Faust den Schädel einzuschlagen, ist verdammt schwer. Mit einem Steinhammer allerdings – mit etwas Übung – zuverlässig machbar.
Das Gewicht von Hand und Unterarm beträgt etwa 3 % des Gesamtgewichts eines Menschen. Ein durchtrainierter Kämpfer wiegt etwa 80 kg. Faust und Unterarm bringen daher 2,5 kg auf die Waage. Das ist bereits nicht schlecht, und ein geübter Kämpfer kann mit dieser Masse eine Menge Energie zur Wirkung bringen, aber der entscheidende Punkt ist, dass das Gewicht einer Handwaffe zu dieser Kraft hinzukommt.
Zudem haben Keule, Knüppel, Streitkolben und Hämmer zusätzliche Reichweite, die nicht nur für mehr Sicherheit im Kampf sorgt, sondern dazu auch als Hebel für die wirkende Kraft fungiert. So schlägt ein Streitkolben mit 1,5 kg Masse nicht nur 60 % härter, als der Kämpfer es mit bloßer Faust zustande brächte. Die zusätzliche Hebelkraft der Waffenreichweite verstärkt diese Kraft gewaltig.
Knüppel und Keule
Die einfachste Form der stumpfen Schlagwaffe, die alle drei Vorzüge bietet, ist der Knüppel, der in seiner einfachsten Form nichts anderes ist, als ein kurzer Stock. In Form des Polizeischlagstocks begegnen wir ihm auch heute noch. Etwas größer und vor allem kopflastiger, und wir sprechen von einer Keule. In Comics sind solche Keulen dann nicht selten mit ein paar Metallringen verstärkt, oder mit Nieten beschlagen. Allerdings wurde das auch tatsächlich real so gemacht.
Während Metallringe dazu führen, dass die Keule kopflastiger und wuchtiger wird, führen Nieten zu einer größeren Konzentration der Energie auf einen kleinen Punkt.
Für so einen Klopper braucht man sich auch gar nicht schämen. So führte ja auch schon der Held Herakles eine altmodische Keule. Und es gibt doch kaum einen klassischeren Helden als Herkules!
Morgenstern und Streitkolben
Die nächste Steigerung der Keule sind Morgenstern und Streitkolben. Während der Morgenstern eine Waffe ist, die sich vor allem in Osteuropa gewisser Beliebtheit erfreute, lediglich die Nieten durch hervorstehende Dornen ersetzt, ist das für den Streitkolben charakteristische Element der massive Kopf der Waffe. Dieser umschließt in der Regel das gesamte Schaftende der Waffen und verstärkt die Schlagwirkung zusätzlich durch Rippen, kleine Stacheln oder gewinkelte Kanten.
Hammer, Kriegshammer, Rabenschnabel
Der Hammer, sozusagen der zivile Bruder des Streitkolbens, ist selbst wiederum Vater anderer Schlagwaffen, nämlich des Kriegshammers und des Reiterhammers. Beides sind stumpfe Schlagwaffen, die jedoch zusätzlich zur Schlagfläche auch noch über einen sogenannten Schnabel verfügen, einen oft gekrümmten Dorn, welcher Kettenpanzer und Plattenrüstungen zu durchschlagen vermag. Einige dieser Hämmer sind mit Stoßspitzen am Ende versehen, damit man sie auch behelfsmäßig zum Stechen verwenden kann. Dies findet sich auch bei einigen Streitkolben, Morgensternen und Keulen.
Wirkung
Während das Schwert dem Ziel Schaden durch Schnitte und scharfe Hiebe zufügt und gelegentlich sticht, so wie es der Speer hauptsächlich tut, sind stumpfe Schlagwaffen weit weniger raffiniert. Ihre Wirkungsweise ist so brutal und brachial, wie eine Waffe überhaupt nur sein kann. Sie zertrümmern Knochen und zerreißen Muskelfasern, Sehnen und Blutgefäße. Die Folge sind massive Einschränkungen der Mobilität, starke Schmerzen und schwer zu behandelnde Wunden.
Rüstung, die ungemein wirksam gegen Schnitt- und Stichwaffen ist, schneidet mitunter gegen stumpfe Schlagwaffen äußerst schlecht ab. Das Einzige, das wirklich schützt, ist dicke Polsterung. Ein Kettenpanzer, eigentlich ein vortrefflicher Schutz vor Schnitten und Stichen, bewirkt gegen den Hieb eines Streitkolbens recht wenig. Er kann lediglich die Wirksamkeit darunter getragener Polsterung verbessern, indem er die Energie des Angriffs über eine größere Fläche verteilt und ihr mit einem begrenzten Maß an Zugkraft Widerstand leistet.
Bei Plattenpanzern ist entscheidend, ob die Platte dem Hieb unbeschadet widersteht. Schafft sie das, so schützt sie äußerst wirksam vor dem Angriff, aber ein Teil der Energie kommt immer durch und kann auch bei der besten Rüstung den Träger mit der Zeit ermatten lassen, während er sprichwörtlich mürbe geprügelt wird. Kann eine Plattenrüstung der Energie stumpfer Hiebe jedoch nicht widerstehen, so wendet sich ihr Segen schnell zum Fluch. Platten und Plattenteile verbiegen sich dann stark unter der groben Krafteinwirkung und nehmen dem Träger Bewegungsfreiheit oder gar den Atem, drücken schmerzhaft auf Glieder und Gelenke und geben dabei auch noch einen großen Teil der Energie die auf sie wirkt an den Träger der Rüstung weiter.
Vorteile und Nachteile stumpfer Schlagwaffen
Alle Waffen dieser Art haben eines gemein: Sie sind ungemein billig herzustellen und sie erfordern zumeist keine ausgeprägte Schmiedekunst. Jeder Dorfschmied kann einen Kriegshammer herstellen, der dem Kriegshammer eines adeligen Ritters in nichts nachsteht, abgesehen vielleicht von ästhetischen Aspekten.
Ein Hammer, der weniger kostet als ein leichter Helm, vermag es, eine Rüstung zu zerschmettern, die den Gegenwert von 12 Ochsen gekostet hat.
Das klingt natürlich nicht schlecht, aber die Sache hat einen Haken. Oder genau genommen sogar drei.
Stumpfe Schlagwaffen sind kopflastig. Sehr sogar. Der Nachteil davon ist, dass sie unpraktisch zu transportieren sind, dass ihre Angriffsgeschwindigkeit geringer ist als bei ausgewogenen Waffen und dass der Nutzer viel schneller ermüdet, als es beispielsweise mit einem Schwert der Fall wäre.
Aufgrund dieser Kopflastigkeit eignen sich Wuchtwaffen dieser Art auch nur äußerst schlecht zur Verteidigung. Selbst wenn sie eine Spitze zum Stechen haben, kann man mit ihnen nicht gegen ein Schwert fechten. Der Träger einer solchen Waffe benötigt also irgendetwas anderes, um sich vor Verletzungen zu schützen, nämlich eine gute, eigene Rüstung oder zumindest einen Schild. Am besten beides.
Die Wirkung stumpfer Schlagwaffen ist besser gegen teure Rüstungen als gegen billige. Oder um ganz präzise zu sein: Streitkolben, Hämmer und Keulen schneiden sogar am schlechtesten gegen die billigste verbreitete Körperpanzerung ab: das Steppwams. Ein schweres Steppwams, ein sogenannter Gambeson, stoppt nicht nur Armbrust- und Langbogenpfeile relativ mühelos, es setzt auch selbst einem Streithammer ein hohes Maß an Widerstand entgegen.
Die stumpfe Schlagwaffe ist daher vor allem ein Kriegswerkzeug schwer gerüsteter Streiter im Kampf gegen ebenso schwer Gerüstete. Für den Kampf gegen leicht gepanzerte Infanterie führten Ritter und Waffenknechte bevorzugt scharfe Schwerter, die wesentlich wirksamer gegen Tuchpanzerung sind.
Keulen, Hämmer und Kolben als Wurfgeschoss?
Da denkt man sicherlich zuallererst an den mächtigen Thor und seinen Hammer Mjölnir, aber tatsächlich wurden derlei Waffen durchaus mal geworfen. Besonders Reiter benutzten ihre Streitkolben gern als Wurfwaffen, denn man konnte damit das Pferd eines Gegners irritieren, einen Feind ablenken oder einen Fußsoldaten verwunden, ohne dass man dazu abbremsen musste. Aus dem Galopp geworfen, hatte die Waffe zusätzlich zum Wurf selbst auch noch die Geschwindigkeit des Pferdes mit auf ihrem Weg. Das Beste war jedoch, dass Streitkolben so sagenhaft billig waren. So war der opportune Wurf des Kolbens auch keineswegs ein finanzielles Problem. Waffenlos stand man danach ohnehin nicht da, denn viele Ritter führten am Sattel gleich mehrere Streitkolben in den Kampf und hatten dazu natürlich auch noch ihr Schwert und ihren Dolch.
Übrigens gab es auch spezielle Wurfkeulen, die noch billiger waren als ein Streitkolben. Diese fanden jedoch nach der Antike kaum noch Verwendung in Europa. Andernorts, im metallwaffenfreien Pazifikraum beispielsweise, wurden Wurfkeulen aus Stein und Hartholz von den Maorivölkern bis zum Kontakt mit weißen Entdeckern und Eroberern und darüber hinaus verwendet.
Geringer Ausbildungsaufwand
Was für den Speer galt, das gilt erst recht für stumpfe Schlagwaffen. Es gibt kaum eine Waffe, deren Umgang leichter zu erlernen wäre, denn es gibt nicht besonders vieles, das man mit diesen Waffen meistern könnte. Ein wenig Timing, um sich nicht unnötig zu exponieren, und die richtigen Winkel, um die gegnerische Verteidigung zu umgehen, und das war es auch schon. In den meisten Fällen befasst man sich ohnehin nicht mit derartiger Subtilität und drischt so lange auf den Feind drauf, bis er mitsamt seiner Defensive bricht. Dann prügelt man so lange weiter, bis man einigermaßen sicher ist, dass man ihn kaputt geschlagen hat. Ohne Frage, keine Waffe für Menschen mit vielen Skrupeln.
Zusammenfassung
Knüppel, Keulen und Streitkolben sind billig und einfach zu handhaben, aber risikoreich für ihren Träger und nur dann wirklich nützlich, wenn man es mit schwer gerüsteten Gegnern zu tun hat. Dann jedoch haben sie wortwörtlich durchschlagenden Erfolg.
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