Wenn man eine Kampagne spielt, mitten im Goldenen Zeitalter der Piraterie, oder man mit einer Gruppe von Furry-Seeräubern die Meere Myranors unsicher macht, dann kommt es irgendwann unweigerlich auch zum Kampf zwischen zwei oder mehr Schiffen. Wer den Artikel über Seereisen von letzter Woche gelesen hat, der bekommt jetzt ein Déjà-vu.
Das kann heiß her und zu gehen, wie das Titelbild zeigt: Bei der Schlacht von Lissa verlor die überlegene italienische Flotte 1866 gegen eine in Unterzahl kämpfende Einheit der Österreicher. Die Österreicher gewannen unter anderem durch Rammangriffe. Eine Taktik die danach alsbald verschwand.
Schiffskämpfe sind nicht spannend
Genau wie eine Seereise ist auch ein Schiffskampf für sich genommen gar nicht spannend. Für die Spieler, versteht sich. Natürlich ist ein Kampf für die Charaktere spannend, aber das nützt uns ja nichts. Für die Spieler hingegen ist der Kampf an sich bedeutungslos. Die meisten Spieler fiebern nicht wirklich mit, ob ihr Charakter überlebt, weil sie stillschweigend davon ausgehen, dass das so sein sollte. Schließlich ist die Kampagne einfach so vorbei, wenn die Charaktere sterben.
Das ist jetzt natürlich grob vereinfacht, und selbstredend gibt es viele Spieler, die ein gewisses Maß an Spannung daraus ziehen, dass sie nicht wissen, ob ihr Charakter überleben wird. Diese Spannung trägt aber nicht besonders weit. Idealerweise sollten die Charaktere nicht sterben. Schon gar nicht einfach so. Einige mögen das anders sehen, aber hier setze ich das einfach mal als Prämisse.
Der Zufall kennt keine Spannungskurve
In realen Schiffskämpfen sterben Leute, weil sie von Kanonenkugeln zerrissen werden. Einfach so. Oder eine Muskete stanzt ein daumendickes Loch einmal quer durch sie hindurch. Oder schlimmer: Nur halb. Dann sterben sie ein paar Tage später an Wundbrand, weil die fettige, schmierige Kugel einen Fetzen vom versifften Hemd und der modrigen Jacke mitgenommen hat. Leute sterben auch an Holzsplittern oder weil ihnen kiloschwere Takelage auf den Kopf fällt. Überhaupt sterben Menschen in echten Schiffskämpfen ausgesprochen überraschend und ohne dass sie daran viel ändern könnten.
Sicher kann man all so was im Rollenspiel auswürfeln. Manche Spielleiter machen das sogar. Da frage ich aber mal ganz direkt: Würfeln die auch auf das konstante Herzinfarktrisiko oder die Chance, an Darmkrebs zu erkranken? Man kann nicht alles dem Zufall überlassen oder über die Statistik regeln.
Entscheidungen treiben gute Kämpfe
In einem Tabletopspiel mag man fiebern, wie viele Leute durch einen Zufallswurf sterben oder welchen Mast ein Schiff verliert. In einem Rollenspiel aber sind das keine guten Triebkräfte für die Spannung. Echte Spannung entsteht vor allem durch dramatische Entscheidungen, denn das ist der Moment, wo auch die Spielenden am Tisch glänzen können, und nicht nur ihre Charakterwerte.
Egal ob du irgendwas würfelst oder ob rein narrativ gespielt wird: Entscheidungen sind das Salz in der Suppe. Wenn die Spielleitung sagt, man solle jetzt auf Kanone würfeln, um zu gucken, wie man das gegnerische Schiff trifft … „meh – uncool“. Das ist langweilig. Klar, es hat die minimale Grundspannung jedes Würfelwurfs. Das ist ja das Prinzip des Glücksspiels.
Wer nichts wagt, der nichts gewinnt
Spannender wäre es aber, wenn es dazu auch noch eine Entscheidung zu treffen gäbe. So etwas wie „Wenn du genau zielst und dir dafür mehr Zeit nimmst und du triffst, steigt der Schaden deines Angriffs. Aber für jeweils 100% Schadensbonus würfle ich mit einer Chance von 30%, dass Feindfeuer dich und deine Geschützmannschaft trifft“.
Der Spieler hat also die Wahl, größeres Risiko gegen einen größeren Erfolg zu tauschen. Wenn er dann verfehlt, wird er sich doppelt ärgern und umso mehr Adrenalin pumpen, ebenso, wenn er trifft. Und wenn er es tut und dabei zwei Mann von seiner Geschützmannschaft verstümmelt werden oder sterben, dann war es seine Entscheidung, die sie das Leben gekostet hat, was wiederum späteres Charakterspiel und soziales Drama während der Seereise befeuern kann.
Das ist ein radikales Beispiel, aber es zeigt auf, um was es geht. Spieler, die Entscheidungen treffen, haben das Gefühl, Einfluss auf das Spiel zu nehmen – weil sie es tatsächlich tun.
Viele kleine Entscheidungen summieren sich auf
Ein Kanonier könnte länger zielen und riskieren, dass das Ziel vor dem Schuss ausgewichen ist. Er könnte auch eine stärkere Pulverladung verwenden, damit die Kugel weiter fliegt, damit er früher schießen kann als der Feind oder ein Ziel bekämpfen kann, das eigentlich die besseren Waffen hat; jedoch nur mit dem Risiko, dass die eigenen Geschütze platzen und dabei womöglich auch noch weiteren Schaden anrichten.
Ein Kapitän kann sein Schiff näher an den Feind heransteuern, damit die eigenen Waffen besser treffen, mit dem Risiko, dass auch das eigene Schiff ein leichteres Ziel wird. Oder aber er lenkt sein Schiff so, dass der Gegner nur wenige seiner Waffen auf ihn abfeuern kann, büßt dafür jedoch auch einen Großteil der eigenen Feuerkraft für dieses Manöver ein.
Warum wird gekämpft?
Eine wichtige Frage bei jedem Schiffskampf ist das Ziel des Kampfes. Je persönlicher dieses Ziel ist, desto spannender wird auch der Kampf. Will man das Schiff des finsteren Capitan Bautista entern, weil dieser die Halbschwester und den Schiffsjungen von Captain Maisie O‘Malley entführt hat? Das ist ziemlich persönlich.
Wenn sich „Bloody“ Maisie O‘Malley allerdings entscheidet, ein portugiesisches Postschiff anzugreifen, weil es rein wirtschaftlich betrachtet aussieht, als könnte es sich positiv auf die Bilanzen ihres Piratenschiffes auswirken, dann ist das völlig unpersönlich und nicht besonders interessant. Das geht besser.
Deine Zeit im Rollenspiel ist viel zu wertvoll, um sie für Dinge zu verschwenden, die nicht besonders interessant sind. Konzentriere dich auf die dramatischen Highlights! Im Zweifel hake langweiliges Zeug einfach ab. Niemand zwingt dich, Dinge auszuspielen, die niemandem am Spieltisch Spaß machen.
Ein Schiff ist mehr als eine Waffe
Schiffe mögen für ihre realen Eigner Waffen und Werkzeuge gewesen sein. Für jene, die auf ihnen dienten, waren sie aber mehr als das. Sie waren für die Mannschaft ein Stück Heimat, ihr mobiles Zuhause auf See. Für die Spielenden in einer Rollenspielgruppe ist ein Schiff ein narratives Werkzeug und ein dramaturgischer Mikrokosmos. Das Schiff ermöglicht Dinge, die ohne das Schiff nicht geschehen könnten. Ein Engländer kann keine Sklaven auf dem großen Markt von Sansibar befreien, wenn er in Bristol festsitzt. Er muss erst nach Sansibar kommen, und ein Schiff ist dabei ein mögliches Mittel zum Zweck.
Auch für Kämpfe ist ein Schiff ein Mittel zum Zweck. Real aber anders als im Rollenspiel. Ein reales Kriegsschiff ist Mittel zum Zweck, Kämpfe zu gewinnen. Und zwar idealerweise leichte Kämpfe. Nichts freut einen Marinekapitän mehr, als ein Dutzend Feindschiffe zu versenken oder zu kapern, die völlig chancenlos waren, ihm und seinem eigenen Schiff gefährlich zu werfen.
Die Parität der Waffen
Im Rollenspiel jedoch wäre das entsetzlich langweilig. Systeme mit guter Gefahrenmetrik, wie beispielsweise D&D, streben eine fortlaufende Parität der Waffen an. Oder kurz: Die Gegner leveln mit. Die eigenen Charaktere sind immer gerade ausreichend mächtig, um den Gegnern, denen sie begegnen, ebenbürtig zu sein, wenn sie cleverer und mutiger sind als ihre Gegner. Was dann den Unterschied macht, ist die kombinierte Raffinesse der Spieler, die zusammen automatisch immer gerissener sind und mehr gute Ideen haben als der Spielleiter. Zumal sie auch als Spieler „mitleveln“, indem sie einen Erfahrungsschatz zur gespielten Kampagne aufbauen.
Eine 40-Kanonen-Fregatte ist im Rollenspiel also nicht das Mittel zur Jagd auf kleinere Boote, sondern idealerweise für die Konfrontation mit einem ebenbürtigen Gegner. Also entweder einer zweiten 40-Kanonen-Fregatte, einer 50-Kanonen-Fregatte mit schlechterer Mannschaft oder einem schwerfälligeren 60-Kanonen-Schiff.
Was passiert, wenn Schiffe kämpfen?
Um zu wissen, was für spannende Entscheidungen es bei einem Kampf geben könnte, und um abschätzen zu können, wie ein Kampf zwischen gleichen oder ungleichen Gegnern für die Spieler ausgehen kann, braucht man einen Überblick darüber, was im Zuge eines Kampfes an Bord eines Schiffes alles geschehen kann. Nach dem Kampf, braucht man oft einen sicheren Hafen, um das Schiff wieder auf Vordermann zu bringen.
Ruder
Das Ruder kann beschädigt werden. Ein Rudertreffer ist etwas vom Schlimmsten, was einem Kriegsschiff passieren kann. In vielen Fällen kann er nicht während des Kampfes behoben werden und raubt dem Schiff einen Teil oder sogar seine gesamte Manövrierfähigkeit. Der Gegner kann dann nach Belieben kreuzen und das manövrierunfähige Schiff zusammenschießen, ohne dass viel Gegenwehr zu erwarten ist.
In Einzelfällen ist ein Ruder reparabel. Dazu müssen dann entweder die Ruderseile repariert werden, was im Inneren des Schiffes stattfindet, oder jemand muss am Heck abgeseilt werden und das Ruder wieder beweglich bekommen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Splitter das Ruder verklemmt hat oder das Ruder aus seiner Führung gesprungen ist. Rudertreffer beim Gegner sind hingegen großes Glück, aus den bereits genannten Gründen.
Ein Ruder kann auch außer Funktion gesetzt werden, wenn die Steueranlage beschädigt oder zerstört wird. Das Steuerrad ist ein Beispiel für einen Teil der Steueranlage. Diesen Verlust kann man ersetzen, auch mitten in einem Kampf. Allerdings braucht man dann statt 1–2 Steuermännern 4–8 Mann unter Deck – und irgendjemand muss sie zusammentrommeln, anleiten und hinscheuchen.
Takelage
Die Takelage, das sind die Segel und die Seile eines Schiffes. Also alles das, was an den Masten hängt. Schäden an der Takelage reduzieren die Geschwindigkeit eines Schiffes, seine Wendigkeit oder seine Fähigkeit, schwierige Windverhältnisse zu nutzen. Klassische Schäden sind zerfetzte Segel, zerrissene Seile, beschädigte Rahen (Querbalken, an denen die Segel befestigt sind), gebrochene Stengen (Mastverlängerungen) und Beschädigungen der Wanten (Verstrebungsseile und Kletternetze).
Manche dieser Schäden beeinträchtigen ein Schiff nur vorübergehend. Verhedderte Seile können mitunter losgeschnitten werden. Eine zersplitterte Stenge ist nach einem Kampf ersetzbar. Ein beschädigter Mast kann repariert, nicht jedoch ohne Weiteres ersetzt werden.
Schäden an der Takelage bergen eine Menge Dramapotenzial. Charaktere, die sich während eines Kampfes in der Takelage befinden, können es auf einmal mit einem Kampf ums nackte Überleben zu tun bekommen, wenn einem Kameraden ein Seil ums Bein gewickelt ist, an dessen anderem Ende ein Stück der Rah ihn in den Tod zu reißen droht. Oder aber die oberste Stenge ist gebrochen und hängt nun mit Dutzenden Seilen in der Takelage, die es zur Seite zieht, und droht die nächste Stenge oder den Mast zu brechen. Jemand muss sie losschneiden, die Seile kappen, damit sie über Bord gehen kann.
Für all das muss man dummerweise in der schwer beschädigten Takelage herumklettern, schlimmstenfalls, während die Scharfschützen der anderen Seite Blut gerochen haben. Oder jemand Dummen finden, dem man das befiehlt. Gleich also, ob die Protagonisten hier heldenhaft handeln oder aber ein kalkuliertes Opfer bringen, es gibt Aktionspotenzial.
Löcher im Rumpf
In Filmen sind Löcher unter der Wasserlinie ein klassisches Mittel, um Drama zu erzeugen. Im Rollenspiel verlangen diese Dinge den Spielern jedoch wenig ab. Sicher, du kannst sagen, dass dein Charakter das Loch flickt. Nur, wo ist da das Drama? Löcher in Schiffen führen nur selten dazu, dass diese schnell sinken.
So ein Schiff ist ziemlich groß, und die meisten Löcher sind gar nicht so groß, auch nicht von Kanonentreffern. Schiffe haben nämlich eine äußere und eine innere Bordwand. Den Hauptschaden erleidet dabei oft die Außenwand. Eindringendes Wasser kann allerdings nach dem Kampf zu interessanten Problemen führen, und sei es, indem es den Kapitän dazu zwingt, einen Hafen oder eine Insel anzusteuern, die er lieber gemieden hätte.
Wie aber kann man das berühmte Loch, durch das nun Wasser einströmt, im Kampf selbst spannend gestalten? Erst durch Entscheidungen wird es hier wieder interessant.
Irgendwas bleibt immer auf der Strecke!
Entscheidungen werden dann spannend, wenn man abwägen muss und wenn man nicht allein mit der Aufgabe fertig wird. Ein Spieler, der einen Hüllenschaden beheben will, braucht Hilfe. Lässt er dazu die eingesperrten Soldaten der East India Company aus der Zelle, damit sie ihm helfen? Und lässt er sie ersaufen, wenn das Wasser steigt? Flickt man das Leck oder rettet man lieber zuerst das Pulver, das droht nass zu werden und das ein Deck höher für den Kampf gebraucht wird? Beordert man Männer von den Kanonen ab, um das Leck zu flicken, oder akzeptiert man, dass mehr Wasser einströmt, das Schiff dafür aber fleißig weiterfeuern kann?
Feuer!
Feuer ist eine immense Gefahr für ein Objekt, das zu 95% aus Holz besteht. Zum Glück brennen Schiffe aber gar nicht so leicht. Das liegt unter anderem daran, dass sie im Wasser schwimmen und viele Teile ständig gut befeuchtet sind. Sobald ein Schiff aber erst einmal angefangen hat, trotz dieser Umstände zu brennen, ist es schnell unrettbar verloren. Die Planken mögen zwar feucht sein, sie sind aber auch mit Harzen, Pech und Teer versiegelt. Sobald das zu sieden anfängt, gehen Schiffe regelrecht in Flammen auf. Hat das Feuer erst einmal das Pulver erreicht, zerreißt es ein Kriegsschiff leicht in tausend Stücke.
Auch hier sollte es darauf ankommen, interessante Entscheidungen zu treffen. Löschst du das Feuer oder rettest du das Pulver zuerst? Wenn du das Pulver zuerst rettest, könnte derweil das Feuer unlöschbar werden. Löschst du aber und versagst, dann ist es zu spät, um noch das Pulver fortzuschaffen. Was ist mit Schätzen? Was mit Gefangenen? Und benutze ich Seewasser zum Löschen oder das leichter verfügbare Trinkwasser aus den Fässern? Dabei geht es dann ja auch um das Spiel mit Konsequenzen, denn wenn man das eigene Schiff mit Süßwasser löscht, den Kampf verliert und fliehen muss, hat man ein neues Problem am Hals, das man nicht ignorieren kann – und damit neues Drama.
Es müssen auch nicht die Protagonisten sein, die sich mit dem Feuer befassen. Aber wie handeln sie, wenn ein Teil der Mannschaft das brennende Schiff aufgeben will? Helfen sie bei der Evakuierung? Oder stoppen sie die Fliehenden und versuchen, das brennende Schiff zu retten?
Allgemeine Ausgestaltung von Kämpfen
Kampf ist Chaos. Pur. Das war schon immer so und wird auch ewig so bleiben, bis dass wir uns dereinst nur noch mit Drohnen zu Sportzwecken bekämpfen. Kämpfe sind laut. So laut, dass selbst gebrüllte Befehle leicht untergehen. Kämpfe sind verwirrend. So sehr, dass man manchmal gar nicht weiß, was gerade vor sich geht.
Für einen guten Schiffskampf reduzierst du am besten die Ereignisse auf die Dinge, die die Charaktere der Spielenden auch direkt mitbekommen. Gib ihnen keinen konstanten Überblick über die Gesamtsituation. Informationen zu beschaffen, ist ein aktiver Spielinhalt und Teil des Dramas. Wirf den nicht einfach über Bord!
Wer etwas wissen will, muss etwas dafür tun
Wenn die Spielerin des Kapitäns wissen möchte, wie es mit den Reparaturen unter Deck vorangeht, dann soll sie einen Schiffsjungen losschicken, dass er das für sie rausfindet. Wenn der Spieler der Meister-Kanonierin wissen möchte, ob alle ihre Geschütze feuerbereit sind, dann soll sie „ALLE GESCHÜTZE: STATUS?!“ brüllen und gucken, was passiert. Und wenn etwas gezielt abgefragt wird, belasst es dabei. Eine Spielerin, die fragt, ob Scharfschützen in der feindlichen Takelage sitzen, bekommt diese Information, soweit ihr Charakter es erkennen kann. Diese Information einzuholen, sollte dann aber ihre Aktion gewesen sein, und weiter geht’s.
Spieler neigen dazu, sich selbst mit abgefragten Informationen zu überladen, und viele Spielleiter haben die Tendenz, dem nur zu bereitwillig Folge zu leisten und sich dann selbst in der Maschinerie der Details zu verfangen.
Informationen sind Macht. Entweder du säbelst persönlich viele Feinde nieder, oder du verschaffst dir einen Überblick, um möglicherweise genau im richtigen Augenblick die korrekten Entscheidungen treffen zu können.
Duelle führst du an Land oder zwischen Kapitänen!
Auch mit der gewohnten Duelldynamik solltest du brechen, wann immer es nicht tatsächlich ein reiner Zweikampf sein muss. Dramaturgisch ist es sinnvoll, wenn der Kapitän des einen Schiffes gegen den Kapitän des anderen kämpft, diesen Vorgang isoliert zu betrachten. Sie mögen mittendrin sein, aber es dreht sich dann um diesen Paarkampf. Bei anderen Kämpfen sollte es aber ruhig vorkommen, dass völlig unerwartet der eigene Gegner von irgendjemand anderem niedergeschossen wird, eine Axt in den Rücken bekommt oder von einem anderen Kämpfer umgerempelt wird.
Massengefechte – einer für alle
Mein Tipp für Massengefechte: Gib jedem Spieler genau einen Kampf gegen einen oder mehrere 08/15-Schergen und einen persönlichen Kampf, bei dem es wirklich drauf ankommt. Den generischen Kampf kannst du dann einfach benutzen, um daran festzumachen, wie es den Nichtspieler-Kameraden drum herum ergeht. Wischt der Spielercharakter den Boden mit den Schergen, dann tun seine Kameraden das auch, und umgekehrt. Damit sparst du es dir auch, alle Nebencharaktere die ganze Zeit über detailliert zu verwalten.
Das Messe-System funktioniert auch im Kampf
Bei diesem Massenkampf, der mehr als Auftakt zu verstehen ist, kannst du eine Menge Durcheinander produzieren und sogar den Gegner mitten im Duell austauschen gegen jemand völlig anderen. Mehrere Gegner sollten dann nur zusammen so stark sein, wie es ein einzelner Gegner gewesen wäre. Idealerweise einer, der dem Charakter spürbar unterlegen ist.
Genau genommen ist das eine Verwendung des im vorletzten Artikel vorgestellten Messe-Systems, nur im Kampf. Nur dass der Spielercharakter gleich einen ganzen Schiffsabschnitt vertritt. Du kannst das Messe-Konzept aber natürlich auch verwenden, wenn du einige NSC-Kämpfe im Hintergrund führen willst, beispielsweise, wenn einem NSC-Trupp eine eigene Aufgabe zugeteilt wurde.
Die Messe von Mr. Higgins kämpft am Bug gegen eine feindliche Messe. Wickle es einfach als einen Kampf zwischen Higgins und dem feindlichen Mess-Chief ab und mache das Ergebnis exemplarisch für Higgins‘ ganzen Trupp. Bei einem generischen Kampf haben die Gegner keine ausgeprägte Persönlichkeit. Beschränke dich auf ein Attribut. Ein feindlicher Matrose mit einem feuerroten Bart oder ein stark tätowierter Schwede.
Jetzt wird’s persönlich
Details sind für den persönlichen Kampf. Das ist der Kampf, den du so abwickeln solltest, wie du üblicherweise in deiner Kampagne Zweikämpfe behandelst. Dieser Kampf braucht einen persönlichen Gegner, einen würdigen Antagonisten. Je mehr die beiden Kontrahenten verbindet, desto besser. Der Gegner kann das Gegenstück des Charakters auf dem anderen Schiff sein, Bootsmann gegen Bootsmann, Steuermann gegen Steuermann. Oder er gehört zur gleichen Ethnie.
Der Spanier mit dem Rapier kämpft dann gegen den anderen Spanier. Eben, als wenn Augustus St. Cloud seinen Albino in den Kampf gegen den Albino von Billy Quizboy schickt, auch wenn ja eigentlich niemand Albinos besitzt.
Am besten ist es allerdings, wenn man immer wieder auf Kontrahenten trifft, mit denen man irgendeine Form von Zwist oder Geschichte hat. Also nutze die Tavernenbesuche, Rempeleien im Hafen oder andere Gelegenheiten, um spätere Kontrahenten zu generieren. Sollten die Spieler irgendeinen eigentlich unwichtigen Matrosen, den sie treffen, aus irgendeinem Grund nicht mögen, dann notier ihn dir. Gib ihm schnell noch irgendein gut sichtbares Merkmal, taufe ihn mit einem Namen und sorge dafür, dass er Teil einer Crew wird, der sie irgendwann über den Weg laufen.
Kämpfe drehen sich schlussendlich um Ziele, Entscheidungen und Gefühle. Wenn du das immer im Hinterkopf behältst und bei den Motiven und Bildern aus dem Vollen schöpfst, wirst du auch spannende Kämpfe in deinem Spiel haben. Seekämpfe oder andere.
Zusammenfassung
Ein guter Seekampf, der von den Protagonisten getragen wird und nicht vom Zufall, benötigt Entscheidungen. Diese Entscheidungen sollten interessante Folgen und Konsequenzen haben, über Erfolg und Versagen hinaus. Sie können auch den Sandbox-Aspekt von Geschichten zur See antreiben, indem sie nach dem Kampf neue Ziele erzwingen oder sekundäre Gefahren größer machen, weil man nun geschwächt ist.
Abwägungen von Interessen sind allgemein spannender, als einfach nur zu bekommen, was man möchte. Jeder Vorteil muss die Gefahr in sich tragen, etwas zu kosten – aber wer nur auf Nummer sicher geht, der sollte nicht gegen seine stets leicht überlegenen Gegner ankommen.
Was dem Schiffskampf extra Würze gibt, sind persönliche Geschichten. Feindschaften, Überzeugungen und gegensätzliche Ziele der Fraktionen als Ganzes, aber auch der Protagonisten als einzelne Personen. Dazu ein guter Schuss Chaos und fertig ist ein brisanter Mix.
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