Mann trifft Frau, Mann will Frau heiraten, Mann fragt den Kommandanten um Erlaubnis, kriegt keine, heiratet trotzdem und zieht mir ihr in …
Genau, in die Kaserne zu seinen anderen 100 Kameraden.
Viele kennen ja die berühmten Trossweiber aus dem Dreißigjährigen Krieg. Auch bei in den stehenden Heeren Europas gab es Ehefrauen und Lebenspartnerschaften – und natürlich Prostitution, aber dazu ein andermal mehr. Nachdem die Royal Army 1660 gegründet worden war, tauchten alsbald auch die ersten Ehefrauen auf. Es dauerte nicht lange, bis 1685 eine neues Reglement erlassen wurde, das nun für die Heirat eine Genehmigung voraussetzte.
Die war alles andere als leicht zu kriegen.1727 wollte beispielsweise ein Soldat in Gibraltar eine junge Dame heiraten, die vermutlich eine Prostituierte war. Wer jetzt meint, dass es mit einem einfachen „Nein“ endete, der irrt. Der Soldat wurde für eine Nacht in eine lichtlose Zelle gesperrt, um gründlich darüber nachzudenken, und dann erhielt er am Morgen darauf erst mal 100 Peitschenhiebe.
Das war allerdings immer noch nicht die finale Antwort, denn der Soldat bat nach der Strafe erneut um die Erlaubnis, zu heiraten, und diesmal wurde es ihm gestattet, denn in den Augen seiner Vorgesetzten hatte er durch seinen Durchhaltewillen und sein Leiden bewiesen, dass er es verdient hatte. Es war also beileibe nicht immer ein rationaler Prozess, sondern hing stark von der Willkür, dem guten Willen und den Meinungen der Offiziere ab. Richtige Regeln wurden erst im Verlauf des 19 Jh. erlassen.
Barracks Wives – Eheleben in der Kaserne
Angenommen, ein Soldat hatte es irgendwie geschafft, die Genehmigung zu erhalten, und hatte eine Frau geheiratet. Was nun? Stellte die Armee ihm ein Wohnhaus? Mietete er ihr eine Wohnung? Selbstredend nicht, denn ein einfacher Soldat verdiente kaum genug Geld, um sich selbst, geschweige denn eine Familie zu versorgen. Einem einfachen Private, dem niedrigsten Rang der Armee, blieb nach Abzug aller Kosten – Lebensmittel und andere Dinge wurden direkt mit dem Sold verrechnet – selten mehr als 1 Penny am Tag. Als Relation: Um das Jahr 1700 herum erhielt man in England für 1 Penny ca. 1 Pfund Brot. Mit diesem Sold konnte man keine Familie kleiden oder ernähren, entsprechend waren die Soldatenfrauen und die Kinder oft schlecht genährt und in alte Kleidung gekleidet.
Da an eigene Wohnräume nicht zu denken war, gab es in den meisten Kasernenschlafsälen irgendwo die „Married Corner“, also den Bereich, wo die Verheirateten hausten. Bestenfalls trennte ein Tuch diesen Teil der Kaserne vom Rest. Wo Frauen und Männer heirateten, folgten irgendwann ziemlich sicher Kinder. Diese lebten natürlich mit ihren Eltern. Das eine oder andere „Kasernenkind“ war darum immer irgendwie vorhanden. Auch konnte dieses enge Zusammenleben zu Ehebrüchen und anderen Zwistigkeiten führen.
Insgesamt waren im Schnitt ca. 7% der Soldaten offiziell verheiratet, vorrangig Sergeanten oder andere Unteroffiziere. Dazu kamen ca. weitere 7%, die ohne Erlaubnis geheiratet hatten und deren Frauen darum nicht in den Regimentslisten geführt wurden. Das bedeutete auch, dass sie außerhalb unterkommen mussten, sodass sich noch bis in die späten 1800er-Jahre Hüttensiedlungen der einfachsten Art in Kasernennähe bildeten.
Frauenleben
Die Frauen auf den Regimentslisten konnten in den Kasernen leben und waren ein fester Teil des Armeelebens. Tatsächlich rechnete die Armee sogar mit ihrer Arbeitskraft. Die Ehefrauen des Regiments erledigten klassische Haus- und Hofarbeiten, beispielsweise das Waschen, Bügeln und Stärken der Wäsche. Damit verdienten sie auch etwas dazu, denn die Soldaten und manchmal auch die Offiziere bezahlten für solche Dienste – denn für viele Dinge waren Soldaten schlicht selbst verantwortlich, so eben auch für eine saubere Uniform. Ansonsten blieben natürlich auch Hilfsarbeiten oder Bettelei außerhalb der Kaserne in den Haushalten der Bürgerlichen.
Daneben waren die Frauen auch ein wichtiger Teil der Krankenversorgung. Krankenschwestern gab es im Allgemeinen nicht, sodass es an den Frauen des Regiments hing, Kranke in Friedenszeiten zu pflegen und die Verwundeten nach einer Schlacht zu versorgen.
Auf Kriegszug!
Moment, nach einer Schlacht? Absolut! Ehefrauen begleiteten ihre Soldatenmänner auch nach Übersee und dort bis in den Krieg. Dafür gab es sogar Regeln und ein Kontingent, welches festlegte, wie viele Ehefrauen verschifft wurden.
Die Anzahl an Frauen, die mit in den Krieg zogen, variierte. 1758 schifften sechs Regimenter in die Karibik ein, und die Kommandeure gestatteten 10 Frauen pro Kompanie. Knapp 40 Jahre später waren es wiederum nur sechs Frauen pro Kompanie, und solche mit mehr als 2 Kindern wurden hier kategorisch ausgeschlossen. Diejenigen, welche zu Hause blieben, lebten dann ohne ihre Ehemänner weiter in der Kaserne, sofern sie denn arbeiteten. Hier hieß es dann auch, dass Frauen von „unmoralischem Charakter und die zur Trunksucht neigen oder die nicht arbeiten wollen, ins Armenhaus verwiesen werden“.
Wer mitdurfte, das wurde simpel per Los entschieden. Die Lose kamen in eine Trommel, und wessen Namen gezogen wurde, der konnte mit einschiffen. Wer Pech hatte, konnte sich natürlich immer noch als blinder Passagier an Bord schleichen. Die Offiziere der Truppe gingen damit oftmals pragmatisch um. Oft erhielten die Frauen dann einfach nachträglich die Erlaubnis, oder es wurde ein wenig getrickst, und die Frauen wurden beispielsweise einfach als Soldaten vermerkt.
Die Härte des Krieges
Kriege waren schon für die Soldaten eine grausige Sache. Dabei geht es gar nicht so sehr um das Sterben im Kampf! Auf der Krim staben im Winter beispielsweise haufenweise Soldaten daran, dass die Generäle schlicht kein Holz auftrieben, um die Böden zu isolieren – und das, obwohl aus dem verbündeten Osmanenreich mit dem Schiff leicht Holz hätte herangeschafft werden können.
Eine Sache, die Frauen im Krieg allerdings besonders belastete, waren die Kinder. Ohne Verhütungsmittel war es unausweichlich, dass gerade in den anstrengenden Kriegsmonaten weit weg von der Heimat irgendwann Kinder geboren wurden. Die Geburt unter derart schlechten Umständen war eine Gefahr für Mutter und Kind.
Verlor die Armee dann auch noch ihre Schlachten oder gar den Krieg, dann mussten die Ehefrauen nahezu ohne jede Unterstützung und oftmals hungernd irgendwie ihre Kinder in Sicherheit schleppen, während die Armee sich auf dem Rückzug befand.
Strafen und Gerichtsbarkeit
Litten die Frauen unter den Übeln des Krieges ebenso wie ihre Männer, so wurden sie von der Obrigkeit genauso wie diese behandelt, wenn sie mit der Disziplin der Armee brachen.
Schand- und Prügelstrafen waren die Norm. Für einen Diebstahl setzte es darum gerne einmal 100 Schläge mit dem Stock. Bei Frauen allerdings eher auf den Hintern als auf den Rücken.
Fiel eine Frau immer wieder dadurch auf, dass sie sich mit anderen Frauen schlug, übel herumfluchte oder ständig betrunken war, dann wurde sie von den Regimentslisten gestrichen und vor die Tür gesetzt.
Hin und wieder wurde es auch ganz absurd! 1775 im Unabhängigkeitskrieg der USA gegen Großbritannien stahl Winifred McCowen, eine Frau aus dem Tross, den Stadtbullen von Boston, der in der Folge starb. Sie wurde vor einem großen Militärgericht angeklagt und zu 100 Schlägen auf den Rücken verurteilt. Dazu wurde sie an einen Karren gebunden und durch die Stadt geführt, wobei sie in verschiedenen Stadtteilen öffentlich einen Teil der Strafe erhielt. Danach verbüßte sie noch eine zusätzliche Haftstrafe von 3 Monaten.
Abschluss
Die Lebensumstände in den Kasernen waren schlecht, es war schmutzig und eng, das Geld knapp. Die Soldatenfrauen lebten darum eigentlich fast genauso wie ihre Soldatenmänner, nur dass sie nicht selber kämpften.
Wobei das nicht ganz stimmt. Natürlich standen die Frauen nicht in den Reihen der Infanterie und feuerten Salve um Salve ab, aber hin und wieder sprangen sie eben doch ein. Auch hier muss man bedenken, dass am Ende des Tages das ausgedachte Ideal der Realität nicht standhält, sodass nach einigen Wochen des Krieges irgendwann jede Hand gebraucht werden kann. Die in den USA legendäre Figur der Molly Pitcher, die als Kanonier einsprang, als ihr Mann ausfiel, ist jedenfalls nicht weit hergeholt.
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„Geschichtskrümel“ ist eine wöchentlich erscheinende Serie aus Kurzartikeln. Sie soll Autoren, Spielern und Spielleitern als Anregung dienen und Inspiration fürs Rollenspiel oder Geschichten bieten. Die Geschichtskrümel drehen sich um historische Ereignisse oder Themen, über die ich in meinem Alltag stolpere. Sie sind manchmal lehrreich, manchmal skurril und manchmal einfach nur lustig.
Quellen:
- Holmes, Richards. Redcoat. The British Soldier in the Age of Horse and Musket. London, 2002.
- Coverbild-Foto von Marion Doss / CC BY-SA