Wir alle wollen spannende Charaktere, die wir lieben können und deren Schicksal uns bewegt. Mir geht es jedenfalls so – und ich denke, den meisten von euch ebenfalls. Das ist aber gar nicht immer so leicht. Ansonsten wären Film, Fernsehen und auch die Literatur nicht voll von Charakteren, die einfach nicht ziehen. Männer und Frauen, Protagonisten, Antagonisten oder Statisten, deren Schicksal einen einfach nicht zu interessieren vermag.
Es ist an sich gar nicht so schwer, einen zumindest mittelmäßig interessanten Charakter zu gestalten. Allerdings hat man bei Protagonisten, Antagonisten und Statisten unterschiedlich viel Zeit und Gelegenheit, sie ingame zu etablieren, und wird mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert. Von der einfachen Pappfigur mit groben Umrissen bis zum spannenden Gegenspieler, der über viele Sitzungen wichtig sein wird und der den Protagonisten bezüglich Charaktertiefe in nichts nachsteht, ist da alles dabei. Was so alles zu einem Charakter dazugehört, können wir den Kategorien aus unserem Charakterdossier entnehmen. (Wie Charakter und Geschichte zusammengehören, erfahrt ihr im Überblicksartikel hier.)
Das Problem beim Rollenspiel ist eine seiner großen Stärken: die fortlaufende Geschichte. Einen spannenden Charakter für nur eine einzelne Geschichte zu machen, ist viel einfacher, als einen Charakter zu gestalten, dessen Motivation auch nach mehreren Abenteuern noch hält. Zudem müssen die Protagonisten ja immer wieder in neue Abenteuer hineingezogen werden, und zwar nach Möglichkeit auf einer persönlichen Ebene! Aber eins nach dem anderen.
Charaktere entstehen für jetzt und morgen
Du willst also einen Söldner spielen? Kein Problem. Wer ist er? Nicht: Wer war er! Das kommt erst am Ende. Warum ist es wichtig, zu verstehen, dass zu Beginn des Charakterdesigns noch nichts (oder nicht viel) aus der Vergangenheit feststeht? Ganz einfach: Im Verlauf der Entwicklung werden sich Dinge verschieben. Neue Sachen werden interessant erscheinen, der Spielleiter wird Einwände haben, oder man wird feststellen, dass man doch in eine andere Richtung gehen möchte, als man zuerst dachte. Je mehr aber schon feststeht, desto eher wird man versucht sein, Teile davon als „gesetzt“ zu betrachten. Das sind sie aber nicht. Hintergrund hat schließlich eine einzige Funktion: den Charakter glaubwürdig erscheinen zu lassen (mehr dazu hier: link).
Ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass Charaktere die ersten 3–5 Spielsitzungen lang noch als Prototyp zu betrachten sind. Will man sie danach noch einmal anpassen, sollte das kein Problem sein. Wie sich ein Charakter anfühlt und spielt – und ob man ihn tatsächlich ein Jahr oder mehr als seinen Protagonisten spielen möchte –, erfährt man erst im Livebetrieb. Es ist ja keinem geholfen, wenn ein Mitspieler seinen Charakter nicht so richtig zu schätzen weiß.
Außerdem spielt man die spannendsten Geschichten des Charakterlebens ja erst noch. Ein Charakter muss darum am Anfang interessant sein – aber bitte nicht interessanter als das, was erst noch kommt. Wer drei Drachen in seinem Charakterhintergrund erschlagen hat, der wird es schwer haben, noch Herausforderungen zu finden, die das toppen können.
Charaktere sind keine Menschen, sondern Story-Personen
Wer ist dein Söldner denn nun? Er hasst niemanden. Er liebt niemanden. Er ist selten begeistert. Er ist selten verzweifelt. Er kämpft mittelmäßig, er ist mittelmäßig mutig, er hat keine Feinde, und er möchte gerade genug Geld verdienen, um über die Runden zu kommen? Außerdem meldet er sich niemals freiwillig für den Verlorenen Haufen? Langweilig!
Das muss natürlich anders sein für eine Story-Person. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Charaktere – und das schließt natürlich Antagonisten mit ein – spannender zu machen. Die erste davon ist die Zuspitzung. Die zweite gute Möglichkeit ist es, seinen Charakter gegen den Archetypen zu gestalten, ohne von dem gesetzten Konzept abzuweichen.
Zuspitzung – Dramatisieren einzelner Elemente
Die erste Geheimwaffe gegen Langweile ist die Zuspitzung einzelner Elemente, also die Dramatisierung. Wir haben aufgrund unseres Charakterdossiers ja bereits einen guten Überblick, was ein Charakter so alles braucht: Neben einem einzigartigen Erscheinen und Auftreten braucht er auch eine starke Motivation, die ihm Antrieb und eine Richtung verleiht. Zudem natürlich ein soziales Netz, in das er eingebunden ist.
Aber erst einmal gehen wir davon aus, dass wir unseren langweiligen Söldner haben. Was macht ihn jetzt eigentlich langweilig? Es ist seine normale Mittelmäßigkeit, und das ändern wird jetzt! Dafür arbeiten wir uns von außen nach innen und spitzen einzelne Elemente zu.
Groß, klein, dick, dürr – die physische Erscheinung
Zuerst seine physische Erscheinung. Normal groß? Nicht unser Maximilian Achterberg – womit wir ihn auch gleich benannt hätten. Maximilian ist recht groß gewachsen, aber ein wenig schlanker, als vielleicht gut für ihn wäre. Damit haben wir bereits etwas, was ihn von den mittelgroßen Kerlen abhebt. Er könnte natürlich auch ein kleiner, stämmiger Bursche sein, ein Bär von einem Mann oder beleibt – aber beleibt wäre für so einen Kämpfer vielleicht doch etwas sonderbar. Jedenfalls weicht er von der Norm ab. Irgendwie.
Als eher hagerer Kämpfer muss er sich regelmäßig gegen die Skepsis anderer durchsetzen, die ihm die Kraft, welche er für seine Arbeit aufbringen muss, nicht zutrauen. So muss er sich von Zeit zu Zeit beweisen. Wenn wir möchten, können wir ihm auch noch einen ungewöhnlichen Bart verpassen oder eine prächtige Lockenmähne, die er irgendwie auch auf den Feldzügen zu erhalten vermag. Im Sinne unserer kleinen Übung machen wir das einfach mal und spendieren ihm einen gut sichtbaren roten Bart und die dazu passenden Haare. Jetzt sticht unser Söldner definitiv aus der Masse heraus!
Zudem ist unser Maximilian ein lebhafter Bursche, der gerne wild gestikuliert, laut lacht und zudem ein gewinnendes Lächeln besitzt, das ihm leider trotzdem keinen Erfolg bei den Frauen beschert.
Das ganze runden wir ab mit ein oder zwei Kleidungsstücken und etwas Besitz, welcher unüblich ist für einen Mann seiner Position. Unser Protagonist besitzt also ein Toledoschwert mit einem fein verzierten Griff. Das hat er von einem spanischen Offizier, der als Glücksritter in Deutschland unterwegs war, als Geschenk erhalten, als er diesem Offizier das Leben rettete. Außerdem hat er ein Faible für Federschmuck am Hut. Das ist zwar nicht so ungewöhnlich, aber irgendwas muss ja an den Hut, und es rundet ihn ab.
Eine weitere Möglichkeit, ihn abzuheben, wäre beispielsweise das Alter, also besonders jung oder besonders alt.
Man sollte es bei all dem nicht übertreiben. Charaktere, die physisch völlig anders sind, als man es erwartet, wirken irgendwann wie Paradiesvögel. Die heben sich zwar auch von der Masse ab, aber etwas mehr, als einem lieb ist.
Traurig, wütend, freudig, friedlich – die Persönlichkeit
Weiter zur Persönlichkeit. Wir könnten Maximilian jetzt natürlich auch noch mit einer ungewöhnlichen Persönlichkeit versehen. Damit wir es aber nicht übertreiben und eine Karikatur von einem Charakter erschaffen, beschränken wir uns auf einige harmlose, aber in einem Kriegsszenario interessante Abweichungen vom Standard.
Maximilian liebt darum Kinder. Er findet die lebendige Art und die natürliche Neugier von Kindern erfrischend. Gerade auch, weil seine eigene Kindheit schwer und von Armut gezeichnet war, hat er ein offenes Herz, wenn es um Kinder geht. Die meisten Menschen mögen irgendwie Kinder – aber Maximilian wird mit ihnen reden, ihnen Essen schenken oder für sie in die Bresche springen.
Er ist zudem großzügig und leider nicht besonders geschäftstüchtig. Darum wird er manchmal als Geldverleiher von seinen Kameraden ausgenutzt.
Gleichzeitig zweifelt unser Heroe daran, ob es Gott wirklich gibt – das wird ihm noch Ärger bereiten, wenn man bedenkt, dass Religionskriege gerade das Thema des Jahrhunderts sind. Das sorgt hin und wieder für Verbitterung und potenzielle Streite am Lagerfeuer. Sein eigener Haufen mag ihm seine dunklen Stimmungen diesbezüglich verzeihen und drüber hinwegsehen – andere Einheiten könnten da weniger nachsichtig sein.
Ansonsten ist er ein recht normaler Mann seiner Zeit. Er mag Braten, Brot, Bier und schläft gerne in einem bequemen Bett. Wann immer er Gelegenheit dazu hat, wäscht er sich und leistet sich vielleicht sogar ein heißes Bad. Als Söldner hat er keine expliziten Probleme mit dem Plündern feindlicher Städte oder dem Rauben aus Burgen. Auch Gewalt ist ihm weder fremd, noch verabscheut er sie. Er ist nicht der Wildeste, aber auch nicht derjenige, der sich völlig zurückhält.
Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, um den Charakter zu dramatisieren. Er könnte jähzornig sein, besonders hilfsbereit, ein Witzbold, besonders ehrlos, besonders ehrenvoll, wütend, deprimiert, rassistisch, aufrührerisch gegenüber Vorgesetzten, treu, treulos oder intrigant. All das ginge, aber auch hier gilt wieder: Es gibt ein Zuviel des Guten. Das Wichtigste ist eigentlich: Nimm 2–3 Aspekte und schiebe den Regler auf Maximum.
Der Antrieb – Charaktermotivation
Nun zur Charaktermotivation. Söldner kämpfen für Geld, nicht wahr? Klar, er könnte das so halten. Geld für Bier, Braten und dafür, irgendwie über die Runden zu kommen. Aber das treibt ja einen Protagonisten nicht wirklich an. Geld ist besser geeignet als dramaturgisches Mittel zum Zweck, nicht als eigentliches Ziel! Auch das können wir weiter zuspitzen, indem wir ihm eine langfristige Perspektive geben, wofür er das Geld braucht. Kurz: die Charaktermotivation hilft dir, den Charakter in Bewegung zu halten. Ausserdem kann man ihn so besser von sich selbst als Spieler abheben. Er tickt dann schlicht anders als du.
Erst einmal hat er als Söldner ja auch laufende Ausgaben, die muss er zuerst einmal decken. Aber warum ist er denn überhaupt Söldner geworden? Maximilian ist ja bettelarm aufgewachsen, wie wir bereits etabliert haben. Er hat kein Erbe und keinen Namen, auf dem er aufbauen kann. Sich als Kämpfer zu verdingen, ist die einzige Möglichkeit, möglicherweise einen moderaten Reichtum erbeuten zu können.
Sein Ziel ist es nämlich, eine Familie zu gründen, die er selbst nie hatte. Genug zusammenzutragen, um sich Land an einem friedlichen Ort zu erwerben, um heiraten zu können. Dazu fehlt aktuell nicht nur der Frieden, sondern auch die Beute und die Frau sowieso. Ob das dann auch so klappt, wenn es so weit ist… nun, das hängt am Kampagnenverlauf. Es könnte ebenso gut sein, dass Maximilian und seine Mitstreiter (die anderen Spielercharaktere?) während ihren Abenteuern in allerlei Schwierigkeiten verstrickt werden und dabei anfangen, persönliche Feinde anzuhäufen. Nicht, dass am Ende zwar das Haus gekauft und die Frau geheiratet ist … aber alte Bekanntschaften dem ruhigen Leben einen Strich durch die Rechnung machen.
Wofür braucht Maximilian jetzt also Geld? Er spart es an. Und er finanziert seinen Alltag damit. Zu blöde, dass er nicht sehr geschäftstüchtig ist und zudem die Tendenz hat, Geld zu verleihen, weil er ja ein recht netter Kerl ist.
Das ist eine ziemlich normale Charaktermotivation – aber sie ist stark genug, um ihn dazu zu bringen, Risiken einzugehen. Wer nie etwas Besonderes tut und sein Geld nicht zusammenhält, der wird nämlich nie genug auf einen Schlag zusammenhaben, um sich Haus und Hof leisten zu können. Zumal er als hoffnungsloser Romantiker natürlich auch dazu verleitet werden könnte, einer Frau hinterherzujagen, die nicht nur Ärger, sondern auch Gefahr für ihn bedeutet.
Zusammen mit seiner Liebe für Kinder wird Maximilian vermutlich immer wieder dazu verleitet werden, sich für Familien einzusetzen, die nicht seine eigene sind. Ohne dass er damit rechnen kann, dass er dafür eine große Belohnung erhält.
Das Wichtigste bei der Charaktermotivation ist, dass sie den Charakter dazu bringt, sich in Gefahr zu begeben. Zudem muss sie ihn mit Konflikten konfrontieren, welche verschiedene Aspekte des Charakters gegeneinander ausspielen. Stellt sich Maximilian Thomas, dem Schläger, in den Weg, wenn dieser plant, einen Hof abzufackeln, oder hält er still, weil es so befohlen wird und seine Kameraden meinen, dass das nicht ihr Problem wäre? Möglicherweise wäre er dabei erfolglos und danach zwei Wochen auf dem Krankenbett, aber es würde eine Menge über ihn aussagen.
Weitere Möglichkeiten, den Charakter zu dramatisieren, bieten auch alle anderen Teile des Charakterdossiers. Eine exotische Herkunft ist beispielsweise immer eine Möglichkeit, den Charakter automatisch innerhalb seines Umfeldes interessanter zu machen – selbst wenn er für seine Herkunft völlig normal ist und quasi ein Stereotyp. Die abweichende Moral und Weltsicht, verglichen mit der „Leitkultur“, werden bereits ausreichend Konfliktmaterial liefern.
Auch das soziale Netz des Charakters bietet Möglichkeiten der Zuspitzung. Hat der Charakter noch alte Freunde aus seiner Zeit als Anarchist? Ist seine Freundin schrullig? Hat der Berufseinbrecher eine riesige Familie von lauten, aber lustigen Typen, die gelegentlich seine Routinen stören oder in den merkwürdigsten Momenten vor der Tür stehen? Da gibt es viele Möglichkeiten.
Ob die Sexualität des Charakters eine relevante Rolle spielt, das hängt nicht nur vom Setting ab, sondern auch von der Spielgruppe (mehr zum Setting hier: link). In einigen Gruppen ist das völlig irrelevant, in anderen wichtig. Es kann beispielsweise interessant sein, einen Charakter auch dadurch zu dramatisieren, dass er mit der Sexualmoral seiner Umwelt bricht oder schlicht in eine Kategorie fällt, die benachteiligt ist. Die Geschichte des Umgangs von Homosexuellen sei hier als Beispiel genannt.
Zu viel von all dem führt aber nicht zu einem spannenderen Charakter, sondern zu einem unspielbaren Freak. Schließlich müssen die anderen Mitspieler ja auch noch irgendwie durchschauen können, was das jetzt für ein Charakter ist und welche Rolle er in der Gruppe einnimmt. Darum gilt beim Dramatisieren: sich auf einige Aspekte beschränken. Man kann in allen Kategorien ein Ding wählen oder es in einer richtig auf die Spitze treiben. Je mehr Auswirkung etwas hat, desto weniger zusätzliche Aspekte sollte man zuspitzen.
Kampf dem Klischee – gegen das Stereotyp gestalten
Eine zweite Betrachtungsweise, die hilft, spannende Charaktere zu gestalten, ist, einen Standardcharakter zu nehmen und ihn ganz neu zu denken, ohne den Kern zu berühren. Charaktere, die dem Standard entsprechen, sind nützlich als NSC, weil man nur wenig Aufwand betreiben muss, um sie zu etablieren. An ihnen hängen ausreichend Vorstellungen in den Köpfen der Spieler, sodass sie nicht ausführlich beschrieben werden müssen. Weichen wir davon ab, erhalten wir plötzlich echte, interessante Story-Personen.
Ich möchte das an einem Beispiel erläutern. „Doktor der Psychologie“. Woran denken wir da? Entweder an einen mittelalten Herren, der bereits beginnt zu ergrauen, mit weißer Jacke über einem Hemd. Oder vielleicht an einen Mann im bequemen Pullover, dessen Hemdkragen über den Pullirand hinausragt. Eine eher ruhige Natur, die gerne zuhört und das Wort „Aha?“ schätzt. An der Wand hängen einige hübsche, aber belanglose Bilder, in der Ecke steht ein Gummibaum. Es gibt zwei bequeme Sessel und eine Schüssel mit Keksen, bei denen Sie sich gerne bedienen dürfen, bevor wir doch einmal darüber sprechen wollen, warum Sie heute hier sind.
Oder aber: Dr. Peter Venkman, PhD! Bewaffnet mit einem Protonenrucksack, stets auf der Jagd nach Geistern …und Frauen …und Geld Dennoch hat er eine akademische Karriere durchlaufen und an einer Universität gearbeitet. Der Kern der Ghostbusters ist „Akademiker“ (zugegeben, bei Venkman von allen noch am wenigsten).
Das ist natürlich ein extremes Beispiel. Nehmen wir unserem Doktor doch das Protonenpack erst einmal wieder weg und versuchen wir uns an einer etwas weniger radikalen Abwandlung von unserem Akademiker-Thema.
Der Klischee-Professor ist etwas älter, trägt ein Jackett mit Ellbogenverstärkung, aber keine Anzughose. Von Zeit zu Zeit rückt er seine Brille zurecht. Er mag den Diskurs, den er gesittet und in gelegentlich etwas schwer verständlichen Fachbegriffen führt.
Nicht so unser Abweichler. Er ist jung und dynamisch, trägt keine Brille und mag Hoodie-Pullover. Er diskutiert ebenfalls gerne, nur versucht er wortgewandt und aus voller Überzeugung, seine Ansichten vehement zu verteidigen. Der akademische Diskurs ist beiden Charakteren wichtig, beide machen denselben Job und gehen grundsätzlich einem ähnlichen Tagesablauf nach. Nur ist der eine irgendwie grau und langweilig, wohingegen der andere
sofort als echte Persönlichkeit wahrgenommen wird.
Standard-Charaktere sollen aber ja auch gar nicht immer echte Persönlichkeiten sein. Sie klauen sonst spotlight und verwirren die Spieler. Je komplexer, interessanter und besonderer jemand ist, desto eher wollen Spieler mehr über ihn wissen.
Darum sind die Abweichler für Hauptrollen vorgesehen. Die Faustregel ist recht leicht: Je wichtiger ein Charakter für die Geschichte, desto ungewöhnlicher sollte er sein. Für eine kleine Nebenrolle reicht es, in einem oder zwei Aspekten vom Standard abzuweichen. Gib der dicken Wirtsfrau doch eine fette Zigarre oder dem Priester einen silbrig glänzenden Revolver.
Zusammenfassung
Charaktere sind dann langweilig, wenn sie den Erwartungen entsprechen und mittelmäßig in allem sind.
Zwei Allzweckwaffen bieten sich an, um gegen langweilige Charaktere vorzugehen und sie spannender zu machen. Zum einen kann man einzelne Aspekte des Charakters herauspicken und sie zuspitzen, also dramatisieren. Solche Aspekte sind unter anderem die physische Erscheinung, das Temperament, die Persönlichkeit und die Charaktermotivation. Aber auch alle anderen Aspekte aus dem Charakterdossier können dramatisiert werden. Besonders mutig, besonders großzügig, groß oder klein – nur nicht Mittelmaß. Dabei sollte man es aber nicht übertreiben, ansonsten wirkt der Charakter wie ein Freak.
Zum anderen kann man ein bekanntes Klischee nehmen und es neu interpretieren. Man erhält den Kern des Stereotyps und verändert die Ausprägungen. Je näher am Stereotyp ein Charakter ist, desto weniger wichtig sollte er sein. Andersherum: Ist ein Charakter zu spannend, muss er eine größere Rolle spielen.
Unwichtige Nebenrollen bei NSC kann man mit etwas Farbe versehen, indem man ihnen einen Aspekt verpasst, den man dramatisiert, oder indem man ihnen eine Requisite gibt, die sie von der Masse abhebt.