Die Niederländer beanspruchten 1652 die Bucht am südafrikanischen Tafelberg für sich. Sie gründeten Kapstadt, um einen Versorgungsposten auf dem Weg nach Indien und Indonesien zu haben. Schnell stellte die mit dem Fernhandel beauftragte Ostindienkompanie VOC (Vereenigde Oostindische Compagnie) fest, dass die Arbeitskräfte nicht ausreichten. Die Lösung war – wie so oft – die Sklaverei.
Da es aufgrund von Personalmangel nicht infrage kam, die lokale Bevölkerung gegen sich aufzubringen, entschied die VOC sich für den Import von Sklaven. Die Sklaven wurden in Gruppen von ca. 20 auf Gutshöfe verteilt, während die VOC ein großes Kontingent von Arbeitskräften zentral unterbrachte und von dort aus in Arbeitskolonnen für öffentliche Arbeiten einsetzte. 1658 errichtete die VOC dafür ein eigenes Haus, die sogenannte Logie. Die Logie wurde mehrmals umgebaut, bis sie von 1753 an in ihrer endgültigen Form fast 1000 Menschen beherbergte. Neben Sklaven wurden in der Logie auch Geisteskranke und Häftlinge untergebracht.
Die Sklaven der Logie wurden nur für die schwersten und dreckigsten Arbeiten herangezogen. Sie kümmerten sich um die Fäkalienentsorgung, den Straßen-, Hafen- und Festungsbau oder arbeiteten in den Silberminen. Besonders Frauen waren für die Arbeit in den Minen beliebt. Man griff auf Erfahrungen aus England zurück, wo man festgestellt hatte, dass Frauen besonders gut auf allen vieren durch die engen Tunnel kriechen konnten. Dabei mussten sie den Grubenwagen an einem Seil hinter sich herziehen, dessen Zugseil zwischen den Beinen hindurchgeführt wurde, was ihnen weniger Beschwerden bereitete als den Männern.
Die soziale Ordnung in der Logie selbst war hierarchisch und geprägt von einer rassistischen Hackordnung. Die Kreolen, die mehrere Sprachen beherrschten, waren als Dolmetscher beliebt. Direkt unter ihnen standen die Mulatten, die einen weißen Elternteil hatten. Als onderbaasen (Unterbosse) hatten sie die Aufsicht über die anderen Sklaven. Aus diesen beiden Gruppen kamen auch die mandoors, die Vorarbeiter. Diese „Elite“ unter den Sklaven sicherte sich nicht nur Privilegien, sondern auch die besten Essens- und Kleidungsrationen.
Die Handwerker stellten die nächstwichtigere Gruppe dar. In der Logie gab es auch Ausbildungsstätten und Schulen. Ein Sklave, der eine Ausbildung durchlief, konnte theoretisch nach dem 25. Lebensjahr freigelassen werden. Dies geschah über die fast 200-jährige Geschichte der Logie allerdings nur 108 mal!
Ganz unten standen die Sklaven, denen die restlichen Logie-Bewohner das geringste Ansehen zusprachen. Sie stammten vor allem aus Ostafrika und Madagaskar. Man wies ihnen die schmutzigsten und anstrengendsten Arbeiten zu. Sie galten als faul und dreckig – aber das hing mehr mit den befohlenen Arbeiten als mit ihrem Wesen zusammen.
Auch die Drecksarbeit der Wachleute wurde von Sklaven übernommen. Diese Caffers (arab. „Ungläubiger“) stammten ab dem Beginn des 18. Jh. vor allem aus dem östlichen Indischen Ozean. Sie waren bewaffnet, übernahmen Auspeitschungen, Hinrichtungen und setzten die Ausgangssperre durch.
Die Logie war aufgrund der grausamen Arbeits- und Lebensumstände ein demografisches Loch und brauchte stetigen Nachschub an Insassen. Südafrika besaß die meiste Zeit eine Sklavenpopulation von ungefähr 25 000 Menschen, von denen gut 1000 in der Logie darbten. Insgesamt wurden über 120 Jahre gut 9000 Leute in der Logie missbraucht.
„Geschichtskrümel“ ist eine wöchentlich erscheinende Serie aus Kurzartikeln. Die Geschichtskrümel drehen sich um historische Ereignisse oder Themen, über die ich in meinem Alltag stolpere. Sie sind manchmal lehrreich, manchmal skurril und manchmal einfach nur lustig.
Quelle: Mann, Michael: Sahibs, Sklaven und Soldaten. Geschichte des Menschenhandels rund um den Indischen Ozean. WBG: Darmstadt, 2012. S. 44–47.
Bild und weitere Informationen entnommen von: https://slavery.iziko.org.za/slavelodge