Wir alle haben etwas in unserem Leben, das uns eine Richtung gibt. Wir streben nach irgendetwas, wir werden von etwas getrieben oder wir suchen nach diesem einen Ding, das unserem Leben einen klaren Rahmen gibt – der „Sinn des Lebens“ quasi. Einige finden ihre Erfüllung in einer externen Quelle, wie beispielsweise ihrer Arbeit, andere hingegen werden von einem inneren Bedürfnis angetrieben. Meiner Erfahrung nach ist dieser „Sinn des Lebens“ vor allem eines: höchst individuell.
Bei Charakteren ist das nicht anders, nur dass sie neben einem Lebensinhalt auch noch einen echten Zweck haben. In meinen Artikeln zur Charaktererschaffung, zur Charakterverwaltung und zum Charakterhintergrund habe ich das Thema Charaktermotivation immer wieder erwähnt. Darauf möchte ich jetzt aufbauen.
Aber erst einmal zurück zum Zweck eines Charakters.
Der Zweck eines Charakters
Ein Charakter hat mehrere Aufgaben im Rollenspiel. Unabhängig davon, ob er Spielercharakter oder Nichtspielercharakter ist, hat er eine Rolle für die Geschichte. Das gilt selbst dann, wenn man rein taktisches Kampfspiel betreibt. Geringstenfalls ist ein NSC ein Hindernis für die Spieler oder ein Hinweisgeber, der nur einen einzelnen Satz äußern muss, bevor er verbraucht ist.
Das Gleiche gilt aber auch für die Spielercharaktere. Ihre Rolle ist im mindesten Falle so etwas Eindeutiges wie die der Heroen, welche den Erzbösewicht erschlagen. Die meisten Protagonisten sind jedoch meist ein wenig komplexer. Auf der nächsten Ebene kommen taktische Rollen innerhalb der Gruppe hinzu. Jeder kennt vermutlich die Klassiker „Krieger, Magier, Priester, Dieb“. Diese Gruppen kommen ja nicht von ungefähr, sondern decken vier Bereiche ab: den Kampf, die magische Sphäre, die passive Kampfunterstützung und die des technischen Spezialisten und Aufklärers.
Verlässt man die Ebene des rein taktischen Kampfspiels, dann werden auch die sozialen Rollen wichtiger. Plötzlich hat ein Charakter noch erweiterte Aufgaben, die auch zunehmend den Spieler fordern. Ein Anführer wird gebraucht, oder ein Gelehrter wird benötigt. Schon wächst die Komplexität.
Aber all das beschreibt einen Charakter vor allem in dem, was er tut. Der eigentliche Zweck eines Spielercharakters ist dieser: Ein SC ist ein Tor in die Spielwelt, durch das sein Spieler mit der Spielwelt und der Geschichte interagieren kann. Drastisch gesagt: Sein Zweck ist es, den Spieler zu amüsieren und wie eine Marionette für ihn zu tanzen, wann immer er das möchte.
Nur die wenigsten Spieler würden das allerdings so harsch ausdrücken oder so betrachten wollen, ich eingeschlossen. Man baut ja oftmals eine tiefe Bindung zu seinen Charakteren und ihren Beziehungen in der Spielwelt auf. Man sollte den Charakter dennoch ruhig auch mal ein wenig quälen, das tut der Geschichte gut und produziert spannende Herausforderungen. In diesen Momenten sollte man sich aber im Klaren darüber sein, dass der Charakter leiden sollte und nicht der Spieler. Manchmal fällt einem die Unterscheidung gar nicht so leicht.
Trotzdem ist es wichtig, seinen eigentlichen Zweck nicht zu vergessen. Der Charakter ist ein Teil der Geschichte, er ist nicht tatsächlich lebendig, und er soll uns mit seinem Leid und seiner Freude erfreuen und begeistern. Dazu muss er eine klare Richtung haben, und diese erwächst aus seiner Motivation und den äußeren Einflüssen.
Charaktermotivation – wozu eigentlich?
Im ersten Moment klingt es ja unlogisch, eine klare Motivation für den Charakter zu definieren. Wäre es nicht einfacher, wenn ein Charakter völlig ungebunden ist? Nichts, was ihn belastet, nichts, was ihn dabei stört, jeder noch so albernen Queste hinterherzulaufen? Bauer Malte hat seine Ziege verloren? Keine Sorge! Paladin Kunibert ist zur Stelle, denn er muss nirgendwo hin, er kommt nirgendwo her, und eigentlich hat er auch nichts Besseres zu tun, als jedem Bauern seine Probleme zu lösen.
Vielleicht ist dabei aber auch die Queste an sich das Problem. Wen, außer Bauer Malte, Maltes Freunden und Maltes Nachbarn, schert diese Ziege denn nun tatsächlich? Eigentlich ja niemanden, und das ist auch völlig okay so. Wenn ich diesen Typ Geschichte spielen will, dann wäre es also eine gute Idee, wenn ich einen guten Grund hätte, mich in Maltes Probleme einzumischen. Ein reisender Graf auf dem Weg zum König hat jedenfalls Besseres zu tun, und Bauer Malte würde das vermutlich auch verstehen.
Wenn man allerdings eine Geschichte auf dieser Dorfebene spielen will, dann sollte man auch eine Charaktergruppe bauen, die sich für Maltes Schicksal interessiert. Der Dorfschulze, der Forstmeister oder auch ein Wandermönch können sich beispielsweise durchaus für das Wohlergehen des Bauern interessieren. Bei solchen Dorfgeschichten bietet es sich aber an, ein eher kleines Gebiet zu bespielen und dafür eine Menge „Dorfdrama“ aufzubauen, wo dann die lokalen Charaktere auch wirklich dafür einstehen können, dass es „ihrem Landstrich“ gut geht, denn sie sind ja direkt davon betroffen.
Ob es Sinn ergibt, sich irgendwo einzumischen oder nicht, wird deutlich von der eigenen Charaktermotivation bestimmt. Immer wieder raten Rollenspieler anderen Rollenspielern, möglichst ungebundene Charaktere zu entwerfen, damit diese gut „auf Abenteuer“ ziehen können. Ich halte das für einen Trugschluss. Die wahrgenommenen Probleme („bringt sich nicht ein“, „alle wollen etwas anderes“) sind vor allem Probleme mangelnder Gruppenplanung und weniger Probleme vorhandener Charaktermotivation.
Die Lösung dafür, dass der Wikinger nicht zusammen mit der Azteken-Priesterin, dem Samurai, dem russischen Diplomaten und dem griechischen Galeerenkapitän auf Abenteuerreise geht, ist jedenfalls nicht, dass alle Charaktere einfach knallhart ignorieren, dass sie von Hause aus nichts tatsächlich zusammenhält. Jedenfalls nicht in einer Kampagne.
In einem One-Shot sieht das anders aus, da kann man die Motivation recht einfach ad hoc erschaffen. Ein eingeschränktes Setting (z.B. eine Insel), eine Gefahr, die sich überhaupt nicht für deine persönlichen Befindlichkeiten interessiert (Alien-Rudel), oder schlicht Charaktere, die einfach nicht besonders viel Tiefe haben (ich arbeite für Geld und nur für Geld). Es gibt dann ein großes Ziel, dem widmet man sich bis man gesiegt hat, und danach kann man wieder auseinanderdriften.
In einer Kampagne hingegen ist eine gut geplante Charaktermotivation das, was den Charakter auf Spur hält – nicht von der Spur abbringt! Die meisten Spieler wollen ja „ihren Charakter“ spielen. Wenn dessen Interessen und grundsätzliche Einstellung zum Leben und zur Welt die Geschichte trägt statt von ihr wegzustreben, dann ist das ein sehr mächtiges Werkzeug.
Der Unterschied zwischen Motivation und Zielen
Die Charaktermotivation ist das, was den Charakter antreibt. Sie wirkt langfristig und definiert die Einstellung des Charakters zu seiner Umwelt. Man kann die Charaktermotivation quasi als die „Strategie“ des Charakters bezeichnen. Die Motivation hält alles zusammen. Wenn irgendwo die Frage aufkommt „wie sollte ich mich hier wohl verhalten?“, dann bietet die Charaktermotivation meistens die Antwort. Sie ist darum meist ein wenig abstrakter, als es Ziele sind, und dreht sich um große Themen, die den Charakter über Jahre begleiten.
Die Ziele des Charakters hingegen sind die „Taktik“. Sie sind tendenziell kurzfristig und vor allem eingegrenzt. Man kann sie fast immer klar benennen. Vor allem aber kann man sie tatsächlich umsetzen, sie produzieren direkt Spielinhalt, statt nur indirekt. Ziele sind in der Praxis mindestens so wichtig wie die Motivation.
Die Charaktermotivation definiert also, wie der Charakter zu etwas steht und warum er es tut. Die Ziele, die daraus erwachsen, hingegen definieren, was er tut.
Charaktermotivation genauer betrachtet
Die Charaktermotivation ist Teil der „inneren Welt“ eines Charakters. Seine äußere Welt kann man leicht beschreiben und auch begreifen. Die innere Welt bleibt den anderen Mitspielern aber verschlossen. Anders als in Romanen ist es im Rollenspiel absolut unüblich, ständig die Gedanken des Charakters aus der Erzählerperspektive zu berichten.
Wer dein Charakter „wirklich ist“, das wird nur durch seine Handlungen klar, und damit diese konsistent bleiben, benötigt er eine klare Charaktermotivation und damit ein Leitmotiv. Dieses Leitmotiv braucht natürlich auch einen Auslöser, damit der Charakter berichten kann, warum er tut, was er tut (mehr dazu im Artikel zu Charakterhintergrund: link).
Im Gegensatz zu überladenen Hintergrundgeschichten hat das Thema des Charakters, das aus dessen Motivation erwächst, sehr viel Gestaltungspotenzial für die Zukunft. Man kann es im Spiel nutzen, und es kann einem als Leitplanke dienen, wenn man sich überlegen muss, was der Charakter tut und entscheidet. Man kann damit schwierige Dinge auf wenige Stichworte reduzieren, die dadurch sofort benutzbar werden.
Zuerst einmal geht es bei der Charaktermotivation aber vor allem darum, dass dem Charakter etwas fehlt. Charaktere, die vollends zufrieden sind, können keine Geschichten erleben. Sie müssen irgendwie unzufrieden sein mit einem Aspekt ihres Lebens, damit sie nach etwas streben können. Angenommen, man spielt einen völlig normalen Durchschnittstypen, nennen wir ihn einmal Stan. Stan wohnt in einem Häuschen im Vorort, er hat einen mittelspannenden Job, eine mittelgute Ehe, ein mitteltolles Auto usw.
Sofort stellt sich doch die Frage: „Und was ist daran jetzt interessant?“ Nehmt für einen Moment an, ihr dreht eine Fernsehserie darüber. Das geht nur, indem ihr Chaos und Unruhe in Stans Leben bringt. Es können winzige Problemchen und Konflikte sein, geradezu Alltägliches! Vielleicht zieht eine Familie ins Nachbarhaus, deren Sohn Punkrock spielt. Oder ein Nachbar hält sich nicht an die Rasenverordnung. Oder jemand stellt die Mülltonnen immer schon abends raus.
Das ist alles Kleinkram, aber es ist Konflikt und es durchbricht Stans Gleichgewicht. Erst dadurch, dass ein Störfaktor in sein Leben tritt, erwacht unser Stan zum Leben. Zuvor war er nur ein Klischee. Durch den Konflikt wird er zum Charakter. Stans Motivation wäre nun die Wiederherstellung seiner optimalen kleinen Welt. Er strebt danach, dass alles so ist, wie er es gut findet. Dazu schmiedet er Pläne und setzt sich Ziele. Er könnte das natürlich auch als Auslöser nehmen, aus seinem Kleinstadtidyll auszubrechen, aber das ist dann eine anderer Stan.
Die Protagonisten
Die meisten Rollenspielcharaktere sind allerdings nicht wie Stan. Sie wohnen nicht im Vorort und sie leben nicht den Traum des Vorortbewohners. Meistens sind sie veritable Helden oder zumindest handlungsfähige starke Persönlichkeiten.
Gerade wenn man sich dem Eskapismus hingeben will und einen Charakter erschafft, der spannende Abenteuer erleben soll, tendiert man dazu, ihn etwas zu ungebunden zu erschaffen. Die wenigsten Spielercharaktere haben eine starke Bindung zu einem Ort. Sie wünschen sich selten eigentlich nur Ruhe, und sobald die Störung in ihrem Leben beseitigt ist, machen sie wieder weiter wie gehabt. Das geht natürlich. Tatsächlich ist es gerade für Kurzkampagnen eine starke Motivation, aber bei einem lang anhaltenden Kampagnenepos oder gar einer Episodischen Kampagne reicht das nicht aus (Mehr zur Kampagnenstruktur ihr hier: link).
In meinem Artikel zur Charakterverwaltung (link) habe ich fünf klassische Themen erwähnt, die für viele Charaktere als Motiv herhalten können. Diese waren Abenteuer, Sicherheit, Anerkennung, soziale Einbindung und Macht.
Abenteuer bietet sich für viele klassische Charaktere natürlich an. Aber warum zieht der Charakter denn nun eigentlich los in die Fremde, lässt seine Familie zurück und setzt sich Gefahren aus? Schreckliche Traumata, die oft dafür herhalten müssen, bieten sich tatsächlich gar nicht so sehr an. Die wenigsten Opfer von spontanen Ork-Tötungen der eigenen Familie wollen doch danach losziehen, um Abenteuer zu erleben. Sie streben vermutlich eher nach einer neuen Heimat. Eventuell sind sie auch traumatisierte Drifter – diese sind aber schwer zu spielen.
Rache ginge vielleicht, aber Rache an wem denn? „An allen Orks“? Der Charakter ist also ein Rassist und plant jetzt, eine Spezies auszurotten – eher nicht. Das ist noch keine Motivation. Zumal es sich sehr schnell zu einer charakterlichen Abwärtsspirale entwickelt. Der Charakter hat als Lebensinhalt also das Ermorden einer Spezies. Wie kann er dann noch ein positiv besetzter Protagonist sein? Warum ist er nicht einfach nur ein verbitterter Söldner, der sich jedem andient, der Krieg gegen die Orks führt? Zumal man etwaige Familienkonflikte auch gleich unmöglich macht. Ein Vater, mit dem man nicht mehr redet, ist immer noch ein Vater, der als Aufhänger für eine Geschichte dienen kann. Besonders weil Familie ein Themenbereich ist, mit dem wirklich jeder Rollenspieler persönliche Erfahrungen hat.
Angenommen, wir ersetzen die Orks durch unseren Nachbarn Snorri. Beim großen Pferdewettkampf wird unser Charakter von Snorri bloßgestellt und sinnt nach Rache. Da Snorri sein Nachbar ist, ist es allerdings ziemlich leicht, Rache an Snorri zu nehmen. Selbst wenn wir verkomplizierend anrechnen, dass unser eigener Charakter eine ehrenvolle Art sucht, Rache zu nehmen, dann ist es bestenfalls eine Sache einiger Spielsitzungen oder erfolgt sogar gleich in der Hintergrundgeschichte.
Ihr seht also, Rache ist problematisch als Charaktermotivation. Sie ist entweder sehr schnell vorbei oder irgendwann völlig ausgenudelt. Selbst wenn man jemanden hat, den man suchen und jagen muss – was passiert eigentlich, wenn man ihn erwischt? Es kann ein interessanter Spielstarter sein, aber man sollte frühzeitig planen, was diese Charaktermotivation eigentlich ersetzt, sobald man Erfolg hatte.
Die Charaktermotivation muss darum lang anhaltend wirksam sein. Sie ist nach Möglichkeit ein großes Thema. Ein Streben nach mehr. Und sobald man es erreicht hat, darf man natürlich nicht glauben, dass der Charakter sich jetzt zufrieden zurücklehnen kann und sein ihm frisch verliehenes Rittergut genießen darf. Entweder es gibt jetzt Probleme, die seinen neuen Besitz bedrohen, oder alles ist gar nicht so, wie es scheint.
Damit man sich nicht ständig neue Leitmotive aus den Fingern saugen muss, lohnt es sich, große Themen für den Charakter zu wählen. Breite Konzepte, die man in vielen Lebenslagen anwenden kann. Einige bieten sich stärker an als andere. Macht beispielsweise kann sehr schnell wieder vergehen – was gut ist. Zudem kann man im Kleinen genauso gut nach ihr streben wie ihm Großen. Den besten Tisch in der Kneipe des Rattenfürsten für sich zu beanspruchen, fällt genauso darunter wie das Aufsteigen in die Managerriege des Megakonzerns.
Es gibt dabei auch kleine, aber feine Unterschiede. Macht ist spannend – Gier hingegen nur begrenzt. Reichtum ist sehr auf physisches Wohlergehen ausgerichtet, und das spielt im Medium Rollenspiel nur eine untergeordnete Rolle. Macht hingegen ist eine soziale Angelegenheit – und das ist der Themenbereich, wo Rollenspiel brilliert. Ob mein Charakter nun eine Null am Ende seines Kontostands mehr oder wenig hat, spielt mittelfristig kaum eine Rolle für seinen Antrieb. Es ist meist nur Mittel zum Zweck.
Ihr werdet bemerkt haben, dass Abenteuer, Sicherheit, Anerkennung, soziale Einbindung und Macht allesamt dazu tendieren, das Verhalten in breiten Bereichen zu steuern. „Das Streben nach Neuem“, welches der Abenteuerlust innewohnt, bewegt den Charakter physisch und geistig. Das Streben nach Sicherheit gibt ihm das Bedürfnis, sein Vorortidyll wiederherzustellen. Der Wunsch nach Anerkennung lässt ihn Unvernünftiges oder Gefährliches tun und bindet ihn in die Gemeinschaft ein. Dasselbe gilt für den Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit.
Die Antagonisten
Auf die Antagonisten möchte ich gar nicht viel Zeit verwenden, denn die Regel ist sehr einfach: Je besser der Antagonist, desto besser die Geschichte. Antagonisten müssen fast noch besser definiert sein als die Protagonisten. Ein Spielleiter sollte seine Antagonisten deshalb immer wie vollwertige Charaktere behandeln. Sie brauchen eine klar definierte Motivation und logische Ziele, welche aus dieser Motivation entspringen. Gebt ihnen auf jeden Fall immer die volle Behandlung. Ein guter Antagonistencharakter kann einen mittelmäßigen Plot bombastisch erscheinen lassen. Ein langweiliger Antagonist hingegen zieht jede noch so gute Story nach unten.
Charaktermotivation für NSC
NSC, welche keine vollwertigen Charaktere sind, brauchen auch nicht unbedingt immer eine vollwertige Motivation. Oftmals reicht es, ihnen Ziele zu verpassen. Manchmal lohnt es sich, eine temporäre Motivation zu erdenken. Bauer Malte mit seiner Ziege braucht kein Leitmotiv und auch kein Charakterthema. Er ist ein Bauer und er benötigt gerade genug Ziele, um die Geschichte zu stützen. Bei Nebencharakteren, welche das Potenzial haben, an Wichtigkeit zu gewinnen, ist es aber immer nützlich, wenn man zumindest eine grobe Idee hat, was die Motivation ungefähr sein könnte. Solange man genug über den Charakter weiß, um glaubwürdig improvisieren zu können, reicht das aber völlig aus. Entwickelt sich ein NSC zunehmend weiter und wird immer wichtiger, dann sollte man sich erst, wenn er tatsächlich eine anhaltende Rolle in der Geschichte einnimmt, eindeutig festlegen. Möglicherweise hat sich die Geschichte bis dahin schließlich ganz anders entwickelt als früher einmal gedacht.
Zusammenfassung
Jeder Charakter braucht einen Antrieb, etwas, was seine Handlungen zusammenhält und ihm eine Richtung gibt, die man auch für das Erzählen einer Geschichte nutzen kann. Das ist die Charaktermotivation. Sie hilft dem Charakter, seinen eigentlichen Zweck zu erfüllen: Die Story zu stützen und voranzutreiben. Im Falle von Spielercharakteren dient der Charakter außerdem als Tor in die Welt für den Spieler.
Die Charaktermotivation hält alles zusammen, sie sorgt für Konsistenz. Man kann jederzeit in der Charaktermotivation nach Inspiration suchen, wenn man gerade nicht weiß, wie der Charakter auf etwas reagieren soll.
Sie unterscheidet sich von Zielen dadurch, dass sie vor allem große Themen beinhaltet und die Frage beantwortet, „warum“ ein Charakter etwas tut. Die Ziele des Charakters können hingegen direkt genutzt werden, um etwas Bestimmtes zu tun. Sie beantworten die Frage, „wie“ ein Charakter seine großen Ziele, die von der Motivation gesteuert werden, erreicht. Fünf klassische Themen bieten sich für Charaktere an: Abenteuer, Sicherheit, Anerkennung, soziale Einbindung und Macht.
Besonders das Streben nach Macht ist natürlich ein klassisches Motiv für Antagonisten. Diese sollten immer wie vollwertige Charaktere behandelt werden. Ein Antagonist, der über eine spannende Motivation verfügt, wertet jede Geschichte auf. Ein schlecht ausgearbeiteter Antagonist hingegen zieht eine gute Geschichte schnell in die Mittelmäßigkeit.
Einfache NSC hingegen brauchen meist nur einfache Ziele und eine temporäre Motivation, die gerade lange genug hält, bis das Abenteuer vorbei ist. Es ist aber nützlich, wenn man bei NSC, die eventuell stärker in den Vordergrund rücken könnten, zumindest eine grobe Idee hat, was sie antreiben könnte. Festlegen sollte man sich aber erst, wenn sie tatsächlich eine anhaltende Rolle in der Geschichte einnehmen.