Während des dritten Habsburgisch-Französischen Krieges hatte sich die französische Generalität ordentlich ins Zeug gelegt, das eigene Land zu verwüsten (zur Vorgeschichte in Teil 1), um die deutlich überlegenen habsburgischen Truppen zurück nach Italien zu treiben. Ihr Plan hatte jedoch eine Schwachstelle: Avignon. Die Stadt unterstand dem Papst, einem Verbündeten der Habsburger, und Frankreich als katholisches Land konnte sich keine Belagerung leisten. Der französische König Franz fürchtete ein PR-Desaster, falls die protestantischen deutschen Söldner – seine besten Leute – die päpstliche Stadt plünderten.
Sein Abgesandter, François de Vieilleville, begleitet von gerade mal 6 Soldaten, forderte den Legaten von Avignon deshalb auf, vor die Stadt zu treten, um zu verhandeln. Begleitet von einer anständigen Eskorte, kam der Legat der Forderung nach. Vieilleville forderte von ihm Geiseln, um die Treue Avignons zu garantieren.
Der Legat hatte strikte Order vom Papst, neutral zu bleiben und keine fremden Truppen aufzunehmen. Außerdem war er keineswegs bereit, Geiseln zu stellen. Sein Ehrenwort musste reichen. Währendessen schlichen sich vier der französischen Soldaten unauffällig zum Tor. Kurz darauf sprang Vieilleville den Legaten an, überrumpelte ihn und bedrohte ihn mit seinem Schwert. Die vier Soldaten am Tor stürmten das Torhaus und verhinderten, dass das Tor geschlossen wurde. In der folgenden Verwirrung konnten 1200 Soldaten, welche sich in den Weizenfeldern versteckt hatten, die Stadt besetzen. Avignon war für die Habsburger als Versorgungsposten nun verschlossen.
Der Plan der französischen Generäle schien aufzugehen. Die Bauern der Provence, die bereits widerspenstig gegenüber ihrer eigenen Armee gewesen waren, als diese ihre Felder verbrannte, versuchten nun auf Teufel komm raus ihr letztes Hab und Gut gegen die habsburgischen Plündertrupps zu verteidigen. Immer wieder griffen sie auch als Freischärler die Truppen der Invasoren an. Das war allerdings nichts, wovor die imperiale Kriegsmaschinerie sich fürchtete.
Fünfzig dieser provenzalischen Bauern stellten das auch alsbald fest und beschlossen, der Schlange den Kopf abzuschlagen. Sie hatten erfahren, dass der Kaiser einen schmalen Bergpfad passieren würde. Darum legten sie sich in einem Turm auf die Lauer. Fünfzig Mann mit Arkebusen, in der Hoffnung, dass durch das Salvenfeuer zumindest einer von ihnen treffen würde, denn diese frühen Feuerwaffen waren notorisch unpräzise.
Die größte Schwierigkeit war allerdings, dass niemand von ihnen wusste, wie Kaiser Karl eigentlich aussah. Woher denn auch?
Als dann ein prächtig gekleideter Edelmann mit einer großen Entourage herangeritten kam, schlossen sie, dass das wohl der Kaiser sein musste, und ließen die Falle zuschnappen. Ihr Plan ging auf, nur leider hatten sie nur einen General erwischt. Sicherlich ein Verlust, aber eben nicht der erhoffte Enthauptungsschlag.
Die Habsburger schafften zügig Kanonen heran und beschossen den Turm der Heckenschützen, die, als die Kanonenkugeln durch die Wand sausten, zur Aufgabe bereit waren. Das nützte ihnen allerdings nicht viel, denn Karl ließ sie alle aufhängen. )
(Mehr zu Logistik im mittelalterlichen Krieg)
„Geschichtskrümel“ ist eine wöchentlich erscheinende Serie aus Kurzartikeln. Die Geschichtskrümel drehen sich um historische Ereignisse oder Themen, über die ich in meinem Alltag stolpere. Sie sind manchmal lehrreich, manchmal skurril und manchmal einfach nur lustig.
Quellen: Harari, Yuval Noah. Special Operations in the Age of Chivalry, 1100–1550. Woodbridge, 2007.